Bist du unsicher, nach welchem Erziehungsstil du dein Kind erziehen willst?
Streng oder nachgiebig – welche Form der Erziehung ist die beste? Braucht dein Kind klare Grenzen oder lieber viel Freiraum? Kannst du deinem Kind mit der falschen Erziehung schaden? Wie sorgst du für Harmonie ohne ständig zu schimpfen?
Fragen über Fragen...
Die Antworten darauf sind oft sehr individuell. Denn Erziehung hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab, z.B. vom Charakter deines Kindes und natürlich auch von deinen eigenen Zielen und Bedürfnissen.
Ich werde dir hier einen Überblick geben, welche Erziehungsstile es gibt, was sie ausmacht und welche Ziele bzw. Folgen sie haben. Damit kannst du besser entscheiden, welche Erziehungsmethode für dich und dein Kind am geeignetsten ist.
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In diesem Seminar lernst du:
Erziehung und Erziehungsstile – eine kleine Definition
Erziehungsstile gibt es viele. Dazu kommen noch zahlreiche Erziehungskonzepte und –philosophien...
Bevor wir uns das im Einzelnen anschauen, lass uns kurz zwei Begriffe klären:
1. Was bedeutet Erziehung?
Unter Erziehung versteht man alle Maßnahmen, die dazu dienen,
Dabei hängt die Form deiner Erziehung sehr stark von deinem Ziel ab bzw. worauf du deinen Fokus legst:
Siehst du dein Kind als eigenständige Persönlichkeit, die du auf seinem Weg begleiten, beschützen und unterstützen willst? Oder siehst du es als „formbare Masse“ und willst, dass es sich entsprechend deiner Regeln, Vorgaben und Erwartungen verhält?
Danach richtet sich, an welchem Erziehungsstil du dich orientierst.
2. Was ist ein Erziehungsstil?
Per Definition ist der Erziehungsstil ein bestimmtes Muster in deinem erzieherischen Verhalten bzw. eine Grundeinstellung bei deiner Erziehungstätigkeit.
Oder einfacher gesagt: Es ist die Art und Weise, wie du mit deinem Kind umgehst.
Wer hat die Erziehungsstile „erfunden“?
Bereits in den 30er Jahren definierte der deutsche Sozialpsychologe Kurt Lewin drei grundlegende Erziehungsstile:
- 1den autoritären Erziehungsstil
- 2den demokratischen Erziehungsstil
- 3und den Laissez-faire Erziehungsstil
Etwas später kam Kritik auf an dieser Einteilung auf, da sich diese 3 Stile lediglich auf die Verhaltensweisen der Eltern (oder Lehrer, Erzieher etc.) beziehen und dabei andere Aspekte außer Acht lassen, wie z.B. die emotionale Verbindung zum Kind.
Das deutsche Forscherpaar Tausch und Tausch erweiterte daher die Erziehungsstile von Lewin, sodass wir heutzutage von 8 Erziehungsstilen sprechen. Diese werde ich dir hier gleich vorstellen.
In den 40er Jahren entstand auf Grundlage der Bindungstheorien von Bowlby der Ansatz der Bindungs- und bedürfnisorientierten Erziehung (Attachment Parenting). Diese Erziehungsmethode gehört in die Gruppe der demokratischen / autoritativen Erziehungsstile. Ausführliche Informationen dazu findest du in folgenden Artikeln:
Zahlreiche Studien (z.B. „What are the best current strategies in parenting?“ von Chris Segrin und Jeanne Flora) beweisen, dass der demokratische und der autoritative Erziehungsstil am besten geeignet sind, Kinder in einer gesunden und sozial kompetenten Entwicklung zu unterstützen.
Welchen Erziehungsstil hast du?
Dein eigener Erziehungsstil wird in erster Linie von deinen Eltern geprägt. Und das kann zwei verschiedene Auswirkungen haben:
- 1... du fandest die Erziehungsmethoden deiner Eltern gut und wendest sie daher selbst an
- 2... du möchtest dein Kind bewusst anders erziehen, als du es selbst als Kind erlebt hast
Weiteren Einfluss auf dein Erziehungsverhalten nehmen dein Partner (der evtl. ganz andere Ansichten hat), dein Umfeld (Eltern / Schwiegereltern, Erzieher:innen, Lehrer:innen usw.) und auch dein Kind – denn es reagiert auf deine Erziehungsmethoden vielleicht nicht so, wie du dir das vorstellst...
So kommst du wahrscheinlich irgendwann an den Punkt, wo du dich fragst: Welcher Erziehungsstil passt denn nun am besten zu mir und meinem Kind?
Dazu solltest du natürlich wissen, welche Erziehungsstile es überhaupt gibt:
Die 8 klassischen Erziehungsstile – Merkmale, Ziele & Folgen
Die folgende Übersicht ist sortiert von „extrem streng“ nach „vernachlässigend“ und soll dir als Orientierung dienen. Das sind natürlich alles nur theoretische Modelle. Die meisten Eltern nutzen Erziehungsmethoden, die sich aus verschiedenen Stilen zusammensetzen.
Aber ich lade dich ein, dir zu überlegen: Welcher Erziehungsstil sagt dir am meisten zu? Und in welchem findest du dich am ehesten wieder? Im Anschluss findest du dann auch eine Empfehlung...
1. Der autokratische Erziehungsstil
Beginnen wir mit der strengsten Form von Erziehung:
Der autokratische Stil verlangt absoluten Gehorsam und Disziplin. Du bestimmst die Regeln, dein Kind hat zu gehorchen. Es hat keinerlei Mitbestimmungsrecht und seine Meinung, Wünsche etc. interessieren dich auch nicht. Für schlechtes Verhalten wird es bestraft (oftmals auch durch körperliche Gewalt), Lob oder Belohnungen gibt es nicht.
Das Ziel dieser Erziehung sind folgsame und gehorsame Kinder.
Die Folgen sind Kinder, die permanent Angst haben, was auch später zur Schulangst führen kann. Ebenso entwickeln sie oftmals eine gestörte Persönlichkeit. Auch die Eltern-Kind-Bindung ist gestört. Meistens neigen diese Kinder später zu aggressivem Verhalten und können keine gesunden Beziehungen zu anderen Menschen aufbauen.
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2. Der autoritäre Erziehungsstil
Auch dies ist eine sehr strenge Erziehungsform. Sie unterscheidet sich nur wenig von dem autokratischen Stil.
Es gibt ebenfalls viele Regeln und Grenzen, die von den Eltern festgelegt werden. Das Kind hat nur einen engen Handlungsspielraum im vorgegebenen Rahmen und wehe, es setzt sich darüber hinweg! Dann wird es bestraft. Belohnungen hingegen gibt es selten oder es wird ein Belohnungssystem als Form von „Erpressung“ eingesetzt.
Autoritäre Eltern schimpfen, befehlen und drohen viel. Eine freundschaftliche Beziehung zum Kind gibt es nicht, es herrscht vielmehr eine Hierarchie.
Das Ziel sind ebenfalls folgsame und gehorsame Kinder. Oft handeln autoritäre Eltern auch aus übertriebener Sorge, ihr Kind könnte „auf die falsche Bahn geraten“ oder es könnte ihm etwas zustoßen (sogenannte Helikopter-Eltern).
Die Folgen der autoritären Erziehung sind ebenfalls eingeschüchterte und ängstliche Kinder. Außerhalb der Familie sind sie häufig aggressiv, haben eine geringe Frustrationstoleranz und Schwierigkeiten im Sozialverhalten. Häufig mangelt es ihnen an Eigeninitiative und Kreativität.
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3. Der autoritative Erziehungsstil
Bei diesem Erziehungsstil legen zwar auch die Eltern klare Regeln und Grenzen fest, es gibt jedoch einen viel größeren Spielraum fürs Kind. Außerdem wird es in Entscheidungen mit einbezogen und seine Wünsche und Bedürfnisse werden berücksichtigt.
Verstößt das Kind gegen Regeln, so folgen Konsequenzen, die jedoch zuvor klar erläutert wurden.
Die Eltern verhalten sich ihrem Kind gegenüber liebevoll, freundlich und interessiert, es wird unterstützt und gefördert und viel mehr gelobt als bestraft.
Das Ziel sind eigenständige und selbstbewusste Kinder, die sich dennoch an vorgegebene Regeln halten.
Die Folge dieses Erziehungsstils sind meistens Kinder mit hoher Sozialkompetenz, sehr guter Eltern-Kind-Bindung und stabiler Persönlichkeit. Sie können sich gut in ein Team eingliedern und trotzdem ihre Meinung vertreten.
4. Der demokratische Erziehungsstil
Bei diesem Erziehungsstil hat dein Kind Mitbestimmungsrecht, auch wenn du weiterhin die Entscheidungen triffst. Du setzt liebevoll Grenzen und erklärst diese bzw. lässt dein Kind mitentscheiden. Wenn möglich, bietest du auch Alternativen an, aus denen dein Kind dann wählen darf.
Du nimmst Rücksicht auf die Meinungen, Gefühle und (emotionalen) Bedürfnisse deines Kindes. Es wird viel gelobt. Statt Strafen gibt es Gespräche und/oder natürliche Konsequenzen. Du unterstützt und motivierst dein Kind, schenkst ihm viel Liebe, Zeit und Aufmerksamkeit.
Das Ziel sind auch hier selbstbewusste und verantwortungsbewusste Kinder mit einem hohen Maß an sozialen Kompetenzen.
Die Folge dieses Erziehungsstils sind meistens Kinder mit sehr guten kommunikativen Fähigkeiten, hoher Sozialkompetenz, sehr guter emotionaler Entwicklung und gesunder, stabiler Persönlichkeit.
5. Der egalitäre Erziehungsstil
Bei diesem Stil wird das Kind als gleichberechtigter Partner angesehen. Sämtliche Entscheidungen, Regeln etc. werden gemeinsam ausdiskutiert und entschieden.
Gleichzeitig müssen diese Kinder aber auch die volle Verantwortung für ihr Handeln und ihre Entscheidungen übernehmen. Brauchen sie die Unterstützung ihrer Eltern, so müssen sie diese aktiv einfordern.
Das Ziel sind sehr selbstständige und verantwortungsvolle Kinder, die sich in ihrer Persönlichkeit frei entfalten können.
In Folge dieser Erziehung können Kinder meistens sehr gut ihre eigene Meinung vertreten und gleichzeitig die Meinung anderer respektieren. Sie zeigen hohe kommunikative Fähigkeiten, was jedoch mitunter auch anstrengend sein kann und viel Geduld erfordert.
6. Der antiautoritäre Erziehungsstil
Wie der Name schon sagt, ist dieser Erziehungsstil das Gegenteil einer autoritären Erziehung.
Dein Kind bekommt jede Menge Freiheiten. Es darf alles selbst entscheiden, es gibt so gut wie keine Regeln und Grenzen. Du fungierst als Elternteil eher als „freundschaftlicher Berater“ und machst deinem Kind Vorschläge – entscheiden darf es jedoch selbst.
Diese Form der Erziehung setzt in hohem Maß auf Kooperation und gegenseitige Wertschätzung. Du versuchst durchaus, deinem Kind gewisse Werte zu vermitteln. Und du bringst ihm sehr viel Liebe und Aufmerksamkeit entgegen.
Das Ziel der antiautoritären Erziehung ist es, dass dein Kind seine Persönlichkeit frei entfalten kann und lernt, Verantwortung für sich und sein Leben zu übernehmen.
Die Folgen dieser Erziehung sind häufig sehr egoistische Kinder. Das resultiert aber meistens auf einer falschen Umsetzung dieses Erziehungsstils. Weshalb die antiautoritäre Erziehung trotzdem gewisse Vorteile hat, erfährst du hier:
Die antiautoritäre Erziehung: Pro und Contra (inkl. Alternativen)
7. Der permissive (nachgiebige) Erziehungsstil
Bei dieser Form der Erziehung darf dein Kind machen, was es will. Strafen oder Konsequenzen gibt es nicht. Im Gegensatz zur antiautoritären Erziehung machst du allerdings auch keine Vorschläge und beziehst das Kind nicht in Familienentscheidungen mit ein.
Du gibst deinem Kind allerdings sehr viel Liebe und Zuwendung, erfüllst ihm jeden Wunsch und verwöhnst es.
Das Ziel dieses Stils ist eine hohe Eltern-Kind-Bindung und die Stärkung des Urvertrauens.
Die Folgen der permissiven Erziehung sind umstritten. Bei Babys und Kleinkindern ist er durchaus angebracht, doch spätestens in der Autonomiephase sollte er nicht mehr zu 100% beibehalten werden. Dann kann es zu Schwierigkeiten im Sozialverhalten, Egoismus und mangelnder Leistungsbereitschaft kommen.
8. Der Laissez faire (vernachlässigende oder negierende) Erziehungsstil
Auch bei dieser Form der Erziehung darf dein Kind machen, was es will.
Im Gegensatz zur permissiven Erziehung bringst du deinem Kind allerdings auch keine Liebe, Zuwendung oder Interesse entgegen. Du kümmerst dich also im Grunde überhaupt nicht um dein Kind oder seine Erziehung. Seine Entwicklung ist dir egal.
Das Ziel dieses Stils soll eigentlich sein, dass sich das Kind eigenständig und frei von äußeren Einwirkungen entwickelt.
Die Folgen sind jedoch in der Regel Kinder mit einem schwachen Selbstwertgefühl, Verhaltensauffälligkeiten und fehlenden Sozialkompetenzen. Häufig neigen sie später zu Aggressionen, Essstörungen, Suchtverhalten oder Kriminalität. Auch psychische Probleme wie Depressionen treten oft auf.
Und welcher Erziehungsstil ist nun am besten?
Und, was denkst du? Nach welchem Stil möchtest du dein Kind am ehesten erziehen?
Um es kurz zu machen:
DEN einen, perfekten Erziehungsstil gibt es nicht!
Allerdings zeigen zahlreiche Studien, dass der demokratische und der autoritative Stil am besten geeignet sind, gesunde und glückliche Kinder zu erziehen.
Beide Stile verfolgen die gleichen Erziehungsziele:
An dieser Stelle möchte ich daher nochmal auf die bedürfnisorientierte Erziehung verweisen – aus meiner Sicht die beste Erziehungsmethode, welche wir auch in unseren Elterncoachings erfolgreich vermitteln.
Probieren geht über studieren
Letztendlich musst du deinen eigenen Weg finden, der zu dir, deinem Kind und auch der jeweiligen Lebensphase passt.
Denn oftmals brauchst du in verschiedenen Situationen unterschiedliche Erziehungsstile: So kann z.B. die sogenannte Wackelzahnpubertät etwas strengere Erziehungsmethoden erfordern. Oder dein Kind hat einen Verlust oder eine Trennung zu verkraften und du möchtest es in dieser Zeit lieber etwas nachgiebiger behandeln.
Und nicht jedes Kind reagiert gleich. Hochsensible Kinder brauchen z.B. andere Erziehungsmethoden als Kinder, die sehr selbstbewusst, eigensinnig und eher rebellisch sind. Solltest du also merken, dass ein bestimmter Erziehungsstil bei deinem Kind überhaupt nicht klappt, probiere etwas anderes aus.
Grundsätzlich gilt: Jedes Extrem ist schlecht.
Sowohl zu streng als auch zu nachgiebig bringt meistens mehr Nachteile als Vorteile mit sich. Es gilt, den goldenen Mittelweg zu finden, mit dem sich alle Familienmitglieder am wohlsten fühlen.
Häufige Fragen beim Thema Erziehungsstile
Der Sozialpsychologe Kurt Lewin definierte ursprünglich 3 Erziehungsstile: autoritär, demokratisch und Laissez faire.
Mittlerweile unterscheidet man zwischen 8 Erziehungsstilen:
- 1Die autokratische Erziehung
- 2Die autoritäre Erziehung
- 3Die autoritative Erziehung
- 4Die demokratische Erziehung
- 5Die egalitäre Erziehung
- 6Die antiautoritäre Erziehung
- 7Die permissive (nachgiebige) Erziehung
- 8Die Laissez faire (vernachlässigende / negierende) Erziehung
Zahlreiche Studien (z.B. „What are the best current strategies in parenting?“ von Chris Segrin und Jeanne Flora) beweisen, dass der demokratische und der autoritative Erziehungsstil am besten geeignet sind, Kinder in einer gesunden und sozial kompetenten Entwicklung zu unterstützen.
Die bedürfnisorientierte Erziehung setzt auf eine starke Eltern-Kind-Bindung und vermittelt dem Kind ein hohes Maß an Urvertrauen. Es erhält Liebe, Aufmerksamkeit und Unterstützung. Das ermöglicht die Bildung eines positiven Selbstwertgefühls sowie eine gesunde emotionale Entwicklung.
Gleichzeitig vermitteln die Eltern klare Regeln und Grenzen. Die Bedürfnisse stehen im Vordergrund und werden „gesehen“, auch wenn sie nicht immer erfüllt werden können. So entwickeln die Kinder sehr gute soziale Kompetenzen, lernen Kompromissbereitschaft und gegenseitige Rücksichtnahme.
Ein guter Erziehungsstil nimmt sowohl auf die Bedürfnisse des Kindes als auch auf die der Eltern Rücksicht. Er ermöglicht dem Kind, seine individuelle Persönlichkeit zu entwickelt, vermittelt aber gleichzeitig klare Regeln. Liebe, Wertschätzung und Verlässlichkeit kennzeichnen ebenfalls eine gute Erziehung.
Dein Partner und du haben völlig verschiedene Erziehungsansichten? Ständig gibt es Streit, weil ihr nicht an einem Strang zieht? Dann lies hier weiter: An einem Strang ziehen – 7 Tipps für uneinige Eltern