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Erziehen ohne Schimpfen: 10 Tipps, wie es gelingt

Schimpfst du manchmal mit deinen Kindern?

Fühlst du dich hinterher mies oder hast das Gefühl, dass es gar nichts bringt?

Aber es ist doch normal, oder? Du musst doch deine Kinder erziehen …

Ich werde dir zeigen, wieso es NICHT gut ist zu schimpfen – weder für dich noch für dein Kind. Ich verrate dir 10 Tricks, mit denen du das Schimpfen nach und nach aus deinem Leben verbannen kannst und trotzdem liebe und gut erzogene Kinder bekommst.

Und keine Sorge – ich werde NICHT mit dir schimpfen 😉

Kinder mit Schild nicht schimpfen

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Schimpfen schadet!

Niemand von uns wird gerne „ausgeschimpft“.

Ganz egal, ob dich dein Chef kritisiert, dein Partner im Streit laut wird, deine Eltern (noch immer) etwas an dir zu meckern haben … es fühlt sich nie gut an. Und je persönlicher, unsachlicher und verletzender es wird, desto schlimmer.

Trotzdem halten wir es meistens für ganz normal, ab und zu mit unseren Kindern zu schimpfen. Es gehört zur Erziehung einfach dazu.

Dabei  hat das Schimpfen etliche Nachteile:

  • Dein Kind fühlt sich klein und machtlos. Es kommt sich dumm, fehlerhaft und eventuell sogar ungeliebt vor.  Sein Selbstwertgefühl leidet darunter.
  • Du selbst fühlst dich auch nicht gut damit. Die meisten Eltern plagt nach dem Schimpfen das schlechte Gewissen.
  • Es funktioniert oft nicht. Gerade wenn Eltern sehr häufig schimpfen, stumpfen Kinder regelrecht ab und es geht sprichwörtlich „zum einen Ohr rein, zum anderen raus“.

Und trotz allem glauben wir, dass schimpfen oder gar schreien ab und zu eben sein muss …

Schimpfen muss sein - ja oder nein?

Obwohl viele Eltern spüren, dass Schimpfen irgendwie doof ist, halten sie es dennoch für erforderlich. Warum ist das eigentlich so?

  • Kindliche Prägung: Wir wurden selbst so erzogen. Unsere Eltern haben mit uns geschimpft (wenn nicht gar Schlimmeres) und somit ist es auch für uns normal, mit unseren Kindern zu schimpfen.
  • Fehlende Alternativen: Wir haben auch gar keine anderen Erziehungsmethoden gelernt. Darum machen wir es genauso wie unsere Eltern, auch wenn wir uns dabei selbst als Kind schlecht gefühlt haben. Handlungsalternativen findest du hier.
  • Hilflosigkeit: Die fehlenden Alternativen bei der Kindererziehung führen zu einer Art Hilflosigkeit, Ohnmacht und Machtlosigkeit. Dies führt wiederum dazu, dass wir – gerade in Stress-Situationen – schneller die Geduld verlieren und schimpfen.
  • Stress: Generell führt Stress dazu, dass die Eltern häufiger schimpfen. Entspannte Eltern erziehen ihre Kinder in der Regel wesentlich ruhiger und geduldiger.
  • Gesellschaftlicher Druck: Leider wird noch immer erwartet, dass Eltern ihre Kinder „unter Kontrolle“ haben. Gerade in öffentlichen Situationen (Supermarkt, Restaurant etc.) fühlen sich Eltern regelrecht verpflichtet, mit ihren Kindern zu schimpfen, wenn diese nicht „spuren“.
  • Angst vor verzogenen Kindern oder vor der ominösen „Zukunft“: Nicht zuletzt haben Eltern oft Angst, dass ihre Kinder ungezogen und respektlos werden, oder haben stressmachende Gedanken wie „Wenn es das jetzt nicht lernt, lernt es das NIE“, wenn sie nicht ab und zu mit ihnen schimpfen. Diese Angst ist jedoch völlig unbegründet. Zahlreiche Studien belegen: Eine liebevolle Erziehung führt zu lieben Kindern.

KOSTENLOSER RATGEBER:

So erziehst du starke Kinder

- 15 Übungen zur mentalen Stärkung deines Kindes 

- Leg die Basis für ein gesundes Selbstwertgefühl 

- Mach dein Kind stark und selbstbewusst

Soll mein Kind jetzt einfach machen, was es will?

Wenn ich für eine Erziehung ohne Schimpfen und Strafen plädiere, kommt oft der Einwand: „Ich kann doch mein Kind nicht einfach machen lassen, was es will.“

Und da gebe ich dir Recht!

Es geht auch gar nicht darum, dass du deinen Kindern jetzt alles durchgehen lassen sollst. Natürlich musst du ihnen weiterhin Grenzen - nämlich deine persönlichen Grenzen - setzen und sie vor Gefahren schützen. Du darfst ihnen auch sagen, wenn dir ihr Verhalten nicht gefällt.

Die Frage ist immer, WIE du es sagst! (Mehr zur friedvollen Kommunikation findest du hier)

Schimpfen ist grundsätzlich negativ. Meistens versuchst du damit in irgendeiner Form deine Macht auszuüben. Du machst deinem Kind Vorwürfe, wirst unsachlich und oftmals auch laut.

Und dabei lässt sich die gleiche Info auch anders rüberbringen …

Es ist beispielsweise ein riesiger Unterschied, ob du zu deinem Kind sagst:

  • Jetzt räum doch gefälligst mal dein Zimmer auf!

oder ob du sagst:

  • Hey, hier kommt man ja kaum noch durch. Wie wär’s mal mit aufräumen?

Wahrscheinlich merkst du schon an diesem Beispiel, dass es sehr stark von deiner eigenen Stimmung abhängt, wie du etwas sagst:

Hast du selbst gute Laune, dann fällt dir der zweite Satz viel leichter. Bist du genervt und gestresst, kommt wahrscheinlich eher die erste Variante über deine Lippen.

Aber keine Sorge – du musst jetzt nicht permanent fröhlich wie ein Glücksbärli durch die Gegend hüpfen, damit dir die „schimpffreie“ Erziehung gelingt.

Ich werde dir jetzt 10 Tipps und Tricks verraten, mit denen du es in jeder Lebenslage vermeiden kannst zu schimpfen …

So erziehst du dein Kind ohne Schimpfen: 10 praktische Tipps

1. Alles auf Anfang

A) Ja, deine Eltern haben auch mit dir geschimpft, genauso wie ihre Eltern es zuvor gemacht haben. Aber das ist noch lange kein Grund, diese Erziehungsmethode ewig zu wiederholen.

B) Nur, weil es andere Eltern auch machen oder sogar von dir erwarten, heißt das nicht, dass auch du mit deinem Kind schimpfen musst.

Hör einfach auf dein Gefühl:

  • Du fühlst dich schlecht, wenn du geschimpft hast?
  • Du hast das Gefühl, dass es auch deinem Kind nicht gut damit geht?
  • Du merkst, dass es gar keine nachhaltige Wirkung hat?

Prima. Damit hast du die wichtigsten 3 Gründe, um es sein zu lassen. Punkt. Ende der Diskussion.

2. Durch die Augen deines Kindes

Kinder können uns manchmal wirklich zur Weißglut treiben …

Sie trödeln rum, sie hören nicht auf uns, sie sind laut, sie stellen Blödsinn an und machen grundsätzlich das Gegenteil von dem, was wir wollen.

Kommt dir das bekannt vor?

Was denkst du, warum sie das tun?

Mach dir bitte klar, dass sie es NIEMALS böse meinen. Sie machen etwas nicht um dich zu provozieren oder zu ärgern, sondern machen in dieser Situation gerade etwas FÜR sich oder weil sie nicht anders KÖNNEN.

Kinder betrachten die Welt einfach völlig anders als wir. Für sie gibt es noch keine Termine. Sie haben keinen Stress und können Gefahren noch nicht einschätzen. Für sie ist die Welt einfach ein riesengroßer Spielplatz, den es zu entdecken gilt. Sie wollen Spaß haben. (Warum das so ist, erkläre ich dir in meinem Ratgeber anhand der 18 Persönlichkeitsmerkmalen des Kindes, die jede Eltern wissen müssen.)

Leider passt das meistens nicht mit unseren Vorstellungen zusammen …

Je mehr Verständnis du jedoch für das Verhalten deines Kindes hast, desto besser kannst du darauf eingehen. Also frag dich ab sofort öfter mal:

  • Warum tut mein Kind das, was es gerade tut?
  • Was könnte der Grund für sein Verhalten sein, wenn ich davon ausgehe, dass es mich NICHT absichtlich ärgern will?
  • Wie würde ich mich gerade an seiner Stelle fühlen?

Versuch die Welt öfter aus Kinderaugen zu betrachten. Dann wirst du verstehen, dass es dich nicht ärgern will und es daher auch total unangebracht ist, mit ihm zu schimpfen.

3. Bombenentschärfung

Geduldsfaden reisst Emotion entschaerfen

Es gibt so ein paar typische Situationen, in denen am meisten geschimpft wird:

Beim Anziehen, am Essenstisch, im Supermarkt, vor dem Schlafengehen (inklusive Zähneputzen), bei heftigen Trotzreaktionen, bei einem Wutanfall.

Aber auch bestimmte Tageszeiten oder Wochentage sind „beliebte“ Schimpfzeiten.

Es lohnt sich, mal einen Blick auf euren Alltag zu werfen und zu überlegen, wann und in welchen Situationen bei euch am häufigsten gemeckert wird. Dann könnt ihr nämlich als Erstes versuchen, diese „brenzligen“ Situationen zu entschärfen.

Dazu ein paar Tipps:

  • Der Zeitfaktor: Oft führt Zeitdruck dazu, dass die Geduld der Eltern irgendwann am Ende ist und sie dann schimpfen, damit das Kind endlich macht, was es soll. Versuche daher, solche engen Zeitfenster zu entstressen, indem du schon von vornherein mehr Zeit einplanst.
  • Das Feierabend-Drama: Eltern sind zum Feierabend meistens erschöpft vom Tag. Wird es dann auch noch mit den Kindern anstrengend, liegen schnell mal die Nerven blank. Versuche also, möglichst keine der typischen Schimpf-Situationen (z.B. Einkaufen gehen) zum Feierabend zu erledigen, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt.
  • Die Revolte-Routine: Wenn du bei deinem Kind ein bestimmtes Muster erkennst, wann oder wodurch es besonders „aufsässig“ wird, dann versuche als Erstes zu verstehen, wodurch das ausgelöst wird (siehe Punkt 2) und überlege dann, wie du besser damit umgehen kannst. Kinder haben auch noch nicht gelernt mit ihren Gefühlen umzugehen. Oft kommen sie nach einem Kindergarten- oder Schultag erschöpft und überreizt nach Hause und laden bei dir den Frust (hier findest du, wie du einen Wutanfall deines Kindes entschärfst) ab. Sei dir solchen Situationen bewusst, nimm es deinem Kind nicht übel und bereite dich auf diese Situationen vor. So kannst du dir schon vorher eine ruhige Reaktion überlegen.
  • Der Erwartungsdruck: Es gibt Situationen, in denen wir von unseren Kindern besonders gutes Benehmen erwarten. Bei Familienfeiern zum Beispiel… Dadurch sind wir schon von vornherein nervös und schimpfen viel schneller als sonst. Zusätzlich spürt dein Kind diese Anspannung und benimmt sich erst recht daneben. Je entspannter du also solchen Ereignissen entgegen siehst, desto weniger Druck lasten sowohl auf dir als auch auf deinem Kind.

4. Der Schlüssel zur Harmonie

Mit Sicherheit hast du jetzt schon verstanden, dass deine eigene Gelassenheit viel dazu beiträgt, dass du weniger schimpfst.

Ich kann es trotzdem nicht oft genug wiederholen:

Entspannte Eltern erziehen ihre Kinder automatisch ruhiger, liebevoller und verständnisvoller.

Aber es gibt noch einen weiteren wichtigen Punkt dabei:

Entspannte Eltern haben auch entspanntere Kinder!

Eure Stimmung überträgt sich nämlich 1:1 auf euer Umfeld und damit natürlich besonders auf eure Kids. Und das führt dann zu einem absolut positiven Kreislauf:

Mehr Entspannung weniger Schimpfen

Es lohnt sich also, dafür zu sorgen, dass es euch als Eltern gut geht. Nehmt euch so oft wie möglich Auszeiten, nutzt Entspannungsmethoden wie Meditation oder auch Yoga und macht euch lieber mal ein gemütliches Wochenende Zuhause, anstatt von einer Aktion zur nächsten zu hetzen.

Das ist natürlich oft leichter gesagt als getan. Das Internet ist zwar voll mit Ratschlägen für mehr Selbstliebe und Selbstfürsorge … aber wenn du Kinder hast, vielleicht sogar noch alleinerziehend und voll berufstätig bist, hast du nicht mal 5 min am Tag für dich selbst.

Daher mein Tipp:

Entspanne dich mit deinen Kindern zusammen!

Ist dein Kind (hoch-)sensibel, sind festgelegte Entspannungszeiten besonders wichtig. 

Kuschelt euch gemütlich ein und hört euch eine Mentalgeschichte an. Versuche dabei mal nicht an deine To-Do-Listen und die Termine von morgen zu denken. Das tut nicht nur deinem Kind gut, sondern auch dir.

5. Spaß & Spiel statt Streit & Frust

Hast du schon mal versucht, mit deinem Kind zu schimpfen, während du gleichzeitig lachen musstest?

Geht nicht, stimmt’s?

Es ist eine Tatsache, dass du nicht gleichzeitig lachen und verärgert sein kannst. Den gleichen Effekt haben übrigens auch Singen und Tanzen – beides bringt dich automatisch in eine positive Stimmung.

Um also seltener zu schimpfen, solltest du stattdessen öfter lachen, singen und tanzen. Im Idealfall machst du das mit deinen Kindern zusammen. Sie werden es lieben!

Dabei wirst du feststellen, dass euch plötzlich sogar Situationen Spaß machen, bei denen es sonst fast immer Stress und Streit gab.

Wichtiger Hinweis:

Achte darauf, dich nicht über dein Kind oder sein Verhalten lustig zu machen. Das ist eine Form von Erniedrigung und genauso verletzend wie schimpfen, schreien oder schlagen.

Wenn ihr lacht, dann also immer gemeinsam.

Den gleichen Effekt hat das Spielen. Kinder lieben es zu spielen und ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen. Das kannst du nutzen: Dreh den Spieß um!

Verwandle lästige Pflichten wie Umziehen, Zähneputzen, Anziehen, Essen, etc. zum Highlight des Tages. Sei kreativ und spielerisch. Wenn dir selbst nichts einfällt, folge den Spielaufforderungen deines Kindes. Wenn dein Kind z.B. vorm Zähneputzen wegläuft, betrachte es als Einladung zum Fangenspielen oder wenn dein Kind mit Autos im Spiel vertieft ist, schnapp dir selbst ein Auto und hole dir die Aufmerksamkeit deines Kindes durchs Spielen. Besonders gut eignen sich Rollenspiele: Dein Kind wird sich morgens z.B. viel schneller anziehen, wenn es ein Feuerwehrmann im Einsatz ist. Weitere Ideen dazu findest du in meinem Ratgeber.

Du wirst merken, nach ein paar Minuten Spielezeit und gemeinsamen Lachen, wird eure Bindung zueinander aktiviert sein und dein Kind macht aus freien Stücken heraus die unliebsamen Pflichten.

Hier gilt das Motto: Investiere Zeit ins Spielen um Zeit für dich zu gewinnen!

6. Der Erklär-Bar: Probier's mal anders

Bär erklärt Mädchen, warum er nein sagt

Selbst wenn du das geduldigste, entspannteste und liebevollste Elternteil der Welt bist: Ab und zu wirst auch du deinem Kind Grenzen aufzeigen oder deine Erwartungen durchsetzen müssen.

Dann kommt es darauf an, WIE du das machst. Denn mit ein paar Tricks gelingt auch das ohne zu schimpfen:

  • Das Warum: Begründe IMMER das, was du von deinem Kind verlangst oder erwartest. Egal, wie klein es ist – gib nicht einfach Kommandos. Dein Kind ist kein Hund. Es möchte verstehen, warum es sich jetzt beeilen soll, warum man Popel nicht isst, warum Zähne geputzt werden müssen und so weiter. (Ja, das ist etwas mühsamer als einfach zu sagen „Mach das jetzt, weil  ich es sage!“ Aber auf Dauer erspart es dir eine Menge Reibereien und ist die Mühe auf jeden Fall wert.)
  • Natürliche Konsequenzen: Erkläre deinem Kind, welche (natürlichen!!!) Folgen sein Verhalten hat. Mit „natürlich“ meine ich nicht sowas wie Stubenarrest oder „dann ist Mama traurig“, sondern das, was wirklich passieren kann. Echte natürliche Konsequenzen entstehen aus der Sache heraus, ohne jeglichen Einfluss von außen, wenn es z.B. auf die Straße läuft oder bei Frost barfuß nach draußen geht. Erkläre es kindgerecht, aber ehrlich.
  • Sprich über deine Gefühle: Sag deinem Kind zum Beispiel, wenn dich die Lautstärke im Haus stört. Oder dass du nervös bist, weil du Angst hast, zu spät zur Arbeit zu kommen. Achte dabei jedoch darauf, deinem Kind kein schlechtes Gewissen à la „Ich bin traurig, weil du nicht hörst.“ einzureden. Beachte dazu auch den nächsten Punkt:
  • Keine Bewertungen: Bewerte niemals dein Kind als Person, sondern beziehe dich immer nur auf die Situation und gegebenenfalls auf das konkrete Verhalten deines Kindes. Das erfordert etwas Übung, ist aber sehr wichtig. Streiche am besten alle Du-Sätze aus deinem Wortschatz („Du trödelst, du bist frech, du hörst nicht…“) Verwende stattdessen Ich-Botschaften („Ich möchte, das du …, weil …“)
  • Vermeide Verallgemeinerungen: Mit Verallgemeinerungen („Nie hörst du. / Immer muss ich schimpfen.“ usw.) gibst du deinem Kind das Gefühl, es würde nie etwas richtig machen. Benenne immer nur die aktuelle Situation, auch wenn sie sich zum 10. Mal wiederholt. Das ist egal. Vielleicht klappt es ja beim 11. Mal.
  • Keine Überzeugungen: Versuche aber nicht mit deinen Erklärungen, das Kind zur Vernunft zu überzeugen. Das kostet dir unglaublich viel Kraft und ist mit der Zeit ebenso nervig für dein Kind und dein Kind hört dir bald nicht mehr zu, wenn du es "niederquasselst"!

7. Lass dein Kind Erfahrungen sammeln

Sofern es nicht gefährlich ist und dein Kind auch schon älter ist, lass dein Kind eigene Erfahrungen sammeln, damit es die Auswirkungen seines Verhaltens spürt.

Erkläre deinem Kind am besten vorher, was passieren wird, wenn es XY tut bzw. nicht tut. Also zum Beispiel:

"Wenn du die Katze von unten nach oben streichelst, wird sie das nicht mögen und davon laufen."

Oder

Wenn du deine Wäsche nicht in den Wäschekorb legst, kümmere ich mich auch nicht darum. Dann hast du irgendwann nichts mehr zum Anziehen.

Und dann zieh es durch!

Das erfordert Durchhaltevermögen und mit Sicherheit ab und zu eine gewisse Nervenstärke, ist aber immer noch besser als ständiges Gemecker (was ja auch nicht wirklich hilft). Diese Lernschleifen sind wichtig, damit dein Kind Selbstwirksamkeit erfährt. Spar dir aber dann bitte altkluge Kommentare wie "ich hab's doch gewusst...", sondern biete eventuell Unterstützung an, falls es etwas nicht verstanden hat. 

8. Eigenverantwortung fördern

Noch ein Tipp, der besonders bei etwas älteren Kindern gut funktioniert:

Lass sie eigene Vorschläge machen, wie ihr euren Alltag entspannter gestalten könnt. Oft haben unsere Kinder ganz eigene Vorstellungen davon, wann und wie sie gewisse Dinge erledigen wollen.

Mein Sohn räumt zum Beispiel gerne die Spülmaschine aus – allerdings nie dann, wenn ich will, dass er sie ausräumt! Wir haben also vereinbart, dass ich ihm rechtzeitig Bescheid sage, bis wann sie leer sein soll (z.B. bis heute Abend / bis morgen früh) und dann überlasse ich es ihm, den Zeitpunkt zu bestimmen.

Aber auch kleinere Kinder kannst du schon mit einbeziehen. So könntest du beispielsweise deine Tochter fragen: „Glaubst du wirklich, dass dir im Sommerkleidchen draußen warm genug ist? Es liegt Schnee!“  So regst du sie zum Mitdenken an und förderst ihre Eigenverantwortung. Weitere Tipps zur Förderung der Autonomie findest du hier.

9. Der Klassiker: Die Graf-Zahl-Methode

Vater ärgert sich über Kind und beginnt zu zählen

Schimpfen ist meistens eine emotionale Reaktion. Deine Nerven liegen blank, deine Geduld ist am Ende und zack – wirst du laut. Hinterher ärgerst du dich dann über dich selbst.

Um beim nächsten Mal ruhiger und überlegter zu handeln, gibt es einen altbewährten Trick:

Wenn du merkst, dass dir gleich der Geduldsfaden reißt: Atme tief durch und zähle innerlich bis zehn.

Währenddessen kannst du überlegen, ob du jetzt wirklich schimpfen willst und dir klar machen, dass du es hinterher wahrscheinlich bereuen wirst.

Sprich am besten erst dann wieder mit deinem Kind, wenn du dich innerlich etwas beruhigt hast (Ausnahme sind hier natürlich akute Gefahrensituationen und ähnliches).

Wenn wir selbst emotional aufgewühlt sind, rutschen uns schneller verletzende Worte raus. Daher ist auch Punkt 4 so wichtig. Denn je öfter du übst, auch in anderen Lebenssituationen ruhig und besonnen zu bleiben, desto leichter fällt es dir auch gegenüber deinen Kindern.

10. Auch Eltern brauchen Liebe

Zum Schluss hab ich noch einen echten Geheimtipp für dich: Sei liebevoll zu dir selbst!

Ist dir schon mal aufgefallen, wie oft du innerlich mit dir selbst schimpfst? Wie oft du von dir denkst, du wärst eine schlechte Mutter oder ein unfähiger Vater? Wie oft du an dir zweifelst oder dich über dich ärgerst?

Diese Stimme in deinem Kopf ist sehr verletzend. Du merkst es nur nicht, weil sie dich schon dein ganzes Leben lang begleitet. Trotzdem tut sie dir nicht gut und es wäre an der Zeit, sie zum Schweigen zu bringen!

Und das schaffst du so:

  • Achte zuerst darauf, wann du dich selbst innerlich kritisierst. Dir dessen bewusst zu werden, ist der erste und fast schon wichtigste Schritt.
  • Spüre dann in dich rein, wie du dich dabei fühlst. Wie geht es dir, wenn du dich selbst so fertig machst? Nicht besonders gut, oder?
  • Stell dir jetzt mal vor, wie eine gute Freundin oder dein bester Freund stattdessen mit dir reden würde. Oder wie du es dir wünschen würdest. Würdest du nicht auch lieber sowas hören wie: „Hey, du machst vielleicht nicht immer alles richtig, aber wer schafft das schon. Ich finde, du machst deine Sache hier verdammt gut!“
  • Gewöhne dir an, dir selbst immer öfter solche liebevollen und aufbauenden Sätze zu sagen. Mit der Zeit werden sie die negativen Sätze in deinem Kopf nach und nach verdrängen.

Sobald du mit dir selbst innerlich liebevoller umgehst, wirst du automatisch auch mit deinen Kindern freundlicher, geduldiger und verständnisvoller sein.

Probier es aus! Es lohnt sich 🙂

Die Umstellungsphase: Lass dich nicht verunsichern

Nun kennst du einige Alternativen und hilfreiche Methoden, um in Zukunft weniger mit deinen Kindern zu schimpfen.

Ganz wichtig ist: Hab Geduld!

Selbst wenn du ab heute alles umsetzt, was du hier gerade gelesen hast, wirst du nicht sofort die hundertprozentige Harmonie in deiner Familie haben. Aber nach und nach wirst du merken, dass es ruhiger und entspannter wird.

Deine Kinder müssen sich ja auch erst daran gewöhnen, dass du plötzlich weniger schimpfst.

Was passieren kann:

Deine Kids werden anfangs eventuell misstrauisch sein. Sie werden versuchen herauszufinden, ob deine neue Gelassenheit „echt“ ist und dich förmlich auf die Probe stellen.

Du hast also anfangs vielleicht das Gefühl, das jetzt gar nichts mehr läuft und deine Kinder ohne Schimpfen völlig aus der Bahn geraten.

Lass dich davon nicht verunsichern! Es zeigt, dass du auf dem richtigen Weg bist. Je konsequenter du jetzt beim Nicht-Schimpfen bleibst, desto schneller wird diese Phase vorbei gehen. Deine Kinder werden sich entspannen und dann auch wieder auf dich hören – besser als je zuvor. Versprochen!

Häufige Fragen von Eltern

Da mir die folgenden Fragen sehr häufig gestellt werden, möchte ich hier direkt darauf eingehen:

Sind wir schlechte Eltern, wenn wir doch mal laut werden?

Klare Antwort: NEIN!

Wir sind alle nur Menschen. Wir haben Gefühle, wir machen Fehler…

Bevor ich Mutter wurde, war ich auch überzeugt, dass ICH meine Kinder niemals anschreien werde. Und dann ist es mir doch passiert. Ich bin nicht stolz drauf, aber es gibt eben Situationen, wo dir einfach die Nerven durchgehen.

Wichtig sind dann jedoch 3 Dinge:

  • Mach dich nicht selbst fertig! Es ist passiert und du kannst es nicht mehr ändern. Wenn du dich jetzt ewig deswegen verurteilst, machst du dir damit permanent negative Gefühle. Schau dir dazu auch nochmal Punkt 10 meiner Tipps an und dann verzeihe dir.
  • Überlege, was genau dazu geführt hat, dass du laut geworden bist. Dein Kind war nämlich nur der Auslöser – der Grund war deine Stimmung. Warst du gestresst? War dein Zeitplan zu eng? Hast du dich vorher schon über andere Dinge geärgert? Und wenn du das herausgefunden hast, dann …
  • Entschuldige dich bei deinem Kind! Erkläre ihm ganz offen und ehrlich, warum du laut geworden bist. Gib dabei nicht dem Kind die Schuld (!!!), sondern sprich über DICH. Nenne genau die Gründe, die du unter 2. herausgefunden hast – je nach Alter des Kindes natürlich mit den entsprechenden Worten.

Auf diese Weise nimmst du deinem Kind das Gefühl, es wäre Schuld an dem Vorfall. Natürlich darfst du ihm auch sagen, was dann letztendlich dazu geführt hat, dass du explodiert bist.

Darf ich jetzt gar nichts mehr zu meinem Kind sagen, wenn mir was nicht gefällt?

NEIN, natürlich nicht. Aber es ist entscheidend, wie du etwas sagst. Und du musst nicht immer in einem liebvoll-süßlichen Ton mit deinem Kind sprechen. Du darfst schon mal energischer werden und deine Aufregung oder Empörung ausdrücken.

Wichtig dabei ist, dass du über deine Gefühle sprichst und nicht ins Beschimpfen kommst. Zum Beispiel: „Ich bin entsetzt, wenn ich sehe, wie stark du dein Geschwisterchen schlägst. Sofort Stopp!!“ Somit bist du authentisch, zeigst deine persönliche Grenze auf und machst Eindruck bei deinem Kind, sodass die Worte auch wirklich ankommen.

Mein Kind hört einfach nicht und akzeptiert keine Grenzen

Du denkst, dass du dein Kind nicht „unter Kontrolle“ bekommst, wenn du nicht ab und zu schimpfst?

Vielleicht hast du es in der Vergangenheit schon öfter versucht und festgestellt, dass dein Kind dann einfach nicht reagiert hat?

Nun, leider gewöhnen sich Kinder sehr schnell an deinen Erziehungsstil. Das heißt:

  • Wenn du nur sehr selten schimpfst, ist es für dein Kind ein sicheres Zeichen von „Okay, jetzt bin ich wirklich zu weit gegangen.“ Dann wird es vermutlich darauf hören.
  • Schimpfst du jedoch häufig, wird es für dein Kind normal und es denkt sich: „Solange Mama / Papa noch nicht meckert, scheint es noch nicht ernst zu sein.“ Und es macht erstmal weiter, bis du laut wirst.

Hast du also bisher das Gefühl, dass du schimpfen MUSST, weil ansonsten gar nichts hilft, brauchst du etwas mehr Geduld bei der Umstellung. Versuche dann trotzdem, das Schimpfen nach und nach zu reduzieren und nur noch einzusetzen, wenn es unbedingt erforderlich ist.

Nutze vor allem Tipp Nr. 7 „Lass dein Kind Erfahrungen sammeln“ und lass deine Kinder die natürlichen Folgen ihres Verhaltens spüren. Natürlich nur in Situationen, wo das problemlos möglich ist …

Nach und nach kannst du dann auch die anderen Tipps umsetzen und so euer „Schimpf-Level“ schrittweise senken.

Ich wünsche dir viel Erfolg dabei und vor allem jede Menge Spaß und gute Laune!

Viele zusätzliche Tipps dazu findest du ausführlich in meinem StarkeKids Ratgeber.