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Frustrationstoleranz bei Kindern steigern – 11 Übungen

Rastet dein Kind schnell aus, wenn es seinen Willen nicht bekommt?

Fliegt das Mensch-ärgere-dich-nicht-Brett quer durch’s Zimmer, wenn Junior verloren hat?

Oder kannst du nie in Ruhe telefonieren, weil dein Kind dir immer genau DANN etwas zeigen oder erzählen will?

Diese Situationen kennen wohl alle Eltern. Denn Kinder müssen erst lernen, dass ihre Wünsche und Bedürfnisse nicht immer sofort erfüllt werden. Und dass auch Niederlagen oder Enttäuschungen zum Leben dazugehören.

Sprich: Es muss seine Frustrationstoleranz steigern und die Impulskontrolle lernen.

Was das eigentlich genau bedeutet, woran du eine (zu) niedrige Frustrationsgrenze erkennst und wie du deinem Kind helfen kannst, erfährst du hier:

Kind ist wütend und keine Frustrationstoleranz

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Was bedeutet Frustrationstoleranz überhaupt?

Bevor ich dir verrate, wie du die Frustrationstoleranz deines Kindes stärken kannst, schauen wir uns zunächst mal die Definition an:

Frustrationstoleranz ist die Fähigkeit, negative Emotionen aushalten und

die Reaktion darauf kontrollieren zu können.

Besonders der zweite Teil ist entscheidend. Man spricht daher auch von „Impulskontrolle“ – denn auch wir Erwachsenen empfinden ja negative Gefühle wie Wut, Enttäuschung oder auch Trauer, Neid und Eifersucht. Wir haben jedoch unser Verhalten so weit im Griff, dass wir uns nicht im Supermarkt weinend zu Boden werfen, weil der Lieblingsjoghurt ausverkauft ist.

Kinder müssen diese Impulskontrolle erst lernen. Bis dahin reagieren sie spontan und impulsiv, wenn ihre Wünsche nicht (sofort!) erfüllt werden, Erwartungen enttäuscht oder Ziele nicht erreicht werden.

Klassische Beispiele sind unter anderem:

  • das ständig beim Telefonat störende Kind, weil es JETZT etwas zeigen oder erzählen will
  • der Trotzanfall im Supermarkt, wenn Mama keine Süßigkeiten kauft
  • der Ausraster auf dem Spielplatz, wenn ein anderes Kind die Schaufel hat
  • die wütend vom Tisch fliegenden Spielfiguren, wenn das Kind beim Mensch-ärgere-dich-nicht verloren hat
  • die Verzweiflung nach einem verlorenen Sportwettkampf, verbunden mit der Aussage „Ich geh da nie wieder hin!“
  • usw.

Diese Situationen kennen ALLE Eltern, denn Kinder sind nicht von Natur aus in der Lage, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten. Frustrationstoleranz ist nicht angeboren. Sie muss sich erst nach und nach entwickeln.

Für Babys ist es ganz normal – und überlebenswichtig – dass ihre Bedürfnisse erfüllt werden. Geht das nicht schnell genug, fangen sie an zu schreien. Und niemand kommt auf die Idee, dem Baby zu erklären, dass es jetzt mal bitte lernen soll, seinen Frust auszuhalten...

Je älter das Kind wird, desto mehr stört uns dieses „Ich-will-das-aber-und-zwar-sofort-Verhalten“. Wir erwarten, dass das Kind lernt, auch mal zu warten oder nicht bei jedem „Nein“ direkt auszurasten.

Und es ist auch wichtig, dass unsere Kinder das lernen!

Warum Frustrationstoleranz so wichtig ist

Frustrationstoleranz ist wichtig auch bei Misserfolg

Im Grunde hat es mein oben genanntes Beispiel schon gezeigt: Wir können uns nicht ein Leben lang kreischend hinschmeißen, wenn wir unseren Willen nicht kriegen. Schließlich sind wir nicht allein auf der Welt und andere Menschen haben ebenfalls Wünsche und Bedürfnisse.

Genau DAS müssen Kinder also lernen – Rücksicht zu nehmen, den eigenen Willen auch mal zurückzustellen oder ein wenig zu warten.

Dazu kommt, dass man wesentlich ruhiger und zufriedener lebt, je besser man negative Gefühle aushalten kann. Ständig mit heftigen Wutausbrüchen und maximaler Frustration zu reagieren, macht unglücklich.

Wir können unsere Kinder nicht vor jeder Niederlage, Trauer oder Enttäuschung bewahren. Aber wir können ihnen beibringen, wie man gut damit umgehen kann.

Was passiert bei niedriger Frustrationstoleranz?

Pessimismus bei geringer Frustrationstoleranz

Eine niedrige Frustrationsgrenze ist nicht nur für Eltern anstrengend. Sie hat auch für das Kind selbst etliche Nachteile:

1. Dranbleiben vs. Aufgeben

Kinder mit einer geringen Frustrationstoleranz geben schnell auf. Sie lassen sich durch Rückschläge, Niederlagen etc. sehr schnell entmutigen.

Nehmen wir an, dein Kind will ein Instrument lernen, z.B. Geige. Das braucht bekanntlich sehr viel Übung. Die ersten Töne klingen schrecklich schräg und überhaupt nicht so, wie sich dein Kind das vorgestellt hat.

Bei einem Kind mit niedriger Frustrationsgrenze fliegt das Instrument nach kurzer Zeit in die Ecke und wird nie wieder angefasst.

Ein Kind mit hoher Frustrationstoleranz nimmt die Geige immer wieder zur Hand, um zu üben. Es wird sicher zwischendurch auch enttäuscht und frustriert sein, aber es gibt nicht auf.

Eine hohe Frustrationstoleranz hilft deinem Kind also beim Dranbleiben und Weitermachen.

2. Starkes Selbstbewusstsein vs. Ängste

Ist ein Kind nicht in der Lage, mit negativen Gefühlen wie Wut, Frust und Enttäuschung umzugehen, entsteht schnell ein Teufelskreis:

Das Kind gibt schnell auf – es fühlt sich als Versager – dadurch entsteht noch mehr Frust – es traut sich nichts Neues mehr zu – das Selbstbewusstsein geht den Bach runter.

Im schlimmsten Fall entwickelt das Kind regelrechte Versagensängste oder Minderwertigkeitskomplexe. Dieses Gefühl von „Ich kann das nicht“ wird immer schlimmer und wirkt sich auf das gesamte Leben des Kindes aus.

Im späteren Leben kann das durchaus zu Depressionen bis hin zu Suizidgedanken führen!

3. Gutes Sozialverhalten vs. Konflikte

Und letztendlich leidet auch das Sozialverhalten unter einer geringen Frustrationstoleranz.

Kinder, die immer ihren Willen bekommen wollen und bei jeder Kleinigkeit ausrasten, geraten viel schneller in Konflikte mit Freunden und Klassenkameraden. Oft werden sie auch für ihr Verhalten gehänselt oder sogar gemobbt, was wiederum in einen Teufelskreis führt.

Zudem haben Kinder mit niedriger Frusttoleranz große Schwierigkeiten, Kritik anzunehmen bzw. entsprechend damit umzugehen. Sie fühlen sich sofort persönlich angegriffen oder ungerecht behandelt und sind beleidigt.

All dies führt zu Schwierigkeiten in der Schule sowie im weiteren Leben (z.B. im Beruf oder in der Partnerschaft).

Aller Anfang ist #!*grrrrrrrh*!# - Frustrationstoleranz lernen

Frustrationstoleranz zu erlernen ist am Anfang schwer

Die Frage, ab wann Kinder Frustrationstoleranz entwickeln, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Das hängt stark vom individuellen Charakter und vom Verhalten der Eltern ab.

Grundsätzlich sind Kinder schon von Geburt an mit „Frust“ konfrontiert. Denn selbst die beste Mama hat nicht immer sofort das Fläschchen parat und auch sonst geht es ja nicht immer nur nach dem Willen des Babys.

Besonders akut wird das Thema dann jedoch in der Autonomiephase (ab ca. 2 Jahre). In dieser Zeit entwickeln die Kinder mehr und mehr ihren eigenen Willen und können es überhaupt nicht leiden, wenn sie warten müssen oder wenn etwas nicht klappt oder ihre Wünsche nicht erfüllt werden.

Später taucht das Problem nochmal verstärkt während der sogenannten „Wackelzahnpubertät“ (ab ca. 6 Jahre) auf. Auch in dieser Zeit zeigen Kinder besonders „dünne Nerven“. Es ist aber gleichzeitig auch die Zeit, in der sich die Frustrationstoleranz am stärksten entwickelt.

Für Eltern sind das sehr anstrengende Phasen. Es ist jedoch wichtig, die negativen Emotionen des Kindes zu akzeptieren, auszuhalten und selbst ruhig zu bleiben. Denn genau jetzt kannst du deinem Kind zeigen, wie es mit diesen Gefühlen richtig umgehen kann...

Versuchst du stattdessen, deinem Kind jeden Wunsch zu erfüllen und es vor jeder Enttäuschung zu bewahren, passiert genau das Gegenteil – dein Kind lernt keine Frustrationstoleranz!

Wir lernen Dinge nur, indem wir uns ihnen stellen. Ich lerne nicht laufen, wenn ich aus Angst vor einem Sturz sitzen bleibe. Ich bekomme keine Muskeln, wenn ich einen großen Bogen ums Fitnesscenter mache.

Und dein Kind lernt nur, wie man mit Frust (sprich Wut, Trauer, Enttäuschung etc.) umgeht,

wenn es mit diesen Gefühlen konfrontiert wird.

Das heißt jetzt natürlich nicht, dass du dein Kind absichtlich frustrieren sollst. Aber dazu kommen wir gleich noch...

Anzeichen für eine niedrige Frustrationsgrenze

Nun hat nicht gleich jedes Kind, das ab und zu mal ungeduldig ist oder aus Enttäuschung weint, gleich eine zu niedrige Frustrationstoleranz. Zudem ist diese auch stark abhängig von der Tagesform und der aktuellen Entwicklungsphase.

Auch Krankheiten, Infekte oder belastende Ereignisse (wie z.B. die Trennung der Eltern) wirken sich auf die Fähigkeit der Kinder aus, Frustration aushalten zu können.

Und dann gibt es da noch die besonders gefühlsstarken Kinder. (Ob dein Kind dazugehört, kannst du hier testen: Gefühlsstarke Kinder: Test + Survival-Strategie für Eltern)

Treten die folgenden Verhaltensweisen jedoch dauerhaft oder besonders stark auf, solltest du deinem Kind helfen, seine Frustrationstoleranz zu erhöhen:

  • dein Kind reagiert häufig mit heftigen Wutanfällen (schreien, toben etc.) oder wird sogar aggressiv, wenn es seinen Willen nicht bekommt – z.B. im Supermarkt
  • dein Kind kann nicht warten, es unterbricht dich z.B. ständig beim Telefonieren oder bekommt einen Anfall, wenn es dir etwas zeigen will und du nicht sofort zur Stelle bist
  • dein Kind ist ein sehr schlechter Verlierer, bricht mitunter das Spiel mitten drin ab, macht es kaputt etc.
  • dein Kind gerät schnell in Streit mit den Geschwistern oder anderen Kindern, wenn es nicht nach seinem Willen geht
  • nach einer Niederlage (z.B. beim Sport) oder anderen Rückschlägen gibt dein Kind sofort auf und lässt sich nicht motivieren, es noch einmal zu versuchen
  • dein Kind scheut sich davor, neue oder schwierige Dinge auszuprobieren aus Angst zu scheitern
  • dein Kind gibt oft anderen Menschen oder auch Dingen die Schuld daran, wenn ihm etwas nicht gelingt („blödes Puzzle, das ist viel zu schwer“)

Sicher kommen dir diese Situationen bekannt vor. Das ist auch ganz normal, denn wie gesagt: JEDES Kind muss erst lernen, mit den negativen Gefühlen klarzukommen und seine Reaktion darauf zu kontrollieren.

Wie du ihm dabei hilfst, zeige ich dir jetzt:

11 Übungen, um die Frustrationstoleranz zu steigern

Die folgenden „Übungen“ sind eigentlich vielmehr Verhaltensweisen, die du ganz einfach in den normalen Alltag integrieren kannst.

Wie schon erwähnt, musst du dein Kind nicht absichtlich mit frustrierenden Situationen konfrontieren. Das normale Leben bietet schon genügend Übungsmöglichkeiten für Frustrationstoleranz.

Wichtig ist, dass du dann richtig reagierst, damit dein Kind auch wirklich etwas daraus lernt. Also schau dir die folgenden Tipps in Ruhe an und versuche sie dann im Alltag umzusetzen:

1. Zieh die Samthandschuhe aus

Der wichtigste Tipp lautet: Versuche dein Kind nicht ständig vor allen Enttäuschungen, Rückschlägen, Schwierigkeiten etc. zu beschützen!

Negative Gefühle gehören nun mal zum Leben dazu und dein Kind kann den Umgang damit nur lernen, wenn es die Gelegenheit dazu bekommt. Je mehr du es „in Watte packst“, desto weniger kommt es mit solchen Erlebnissen klar.

Und du kannst es ja sowieso nicht ewig vor allem beschützen. Spätestens im Kindergarten oder in der Schule wird es mit „Frustrations-Situationen“ konfrontiert.

Es ist übrigens sogar durch Studien belegt, dass zu viel Fürsorge der Eltern schädlich ist für die Entwicklung des Kindes.

Wenn du also dazu neigst, eine Helikopter-Mutter oder -Vater zu sein, versuche dich ein bisschen zurückzunehmen und dein Kind auch mal negative Erfahrungen machen zu lassen.

2. Erfolgreich scheitern

Erfolgreich Scheitern für höhere Frustrationstoleranz

Stell dir vor, dein Kind kämpft schon seit einer ganzen Weile mit einem Knopf. Der will einfach nicht durch das verflixte Knopfloch passen... Irgendwann kannst du es nicht länger mit ansehen und hilfst deinem Kind.

Du meinst es gut, aber deinem Kind nimmst du damit zwei wichtige Erfahrungen:

  1. 1
    die Möglichkeit, das Dranbleiben und nicht aufgeben zu üben
  2. 2
    das Erfolgserlebnis, wenn es am Ende dann doch geklappt hat.

Im schlimmsten Fall fühlt sich dein Kind sogar als Versager, weil es den Knopf nicht alleine bewältigt hat.

Dieses Beispiel lässt sich auf unendlich viele andere tägliche Situationen übertragen. Und für alle gilt:

Greife nicht ständig ein, wenn deinem Kind etwas nicht gleich gelingt. Lass es auch mal scheitern. Ermutige es lieber, es nochmal zu versuchen oder gib ihm maximal einen Tipp, wie es leichter gehen könnte – so hat dein Kind am Ende ein Erfolgserlebnis!

Extra-Tipp „Hausaufgaben“:

Hilfst du deinem Kind bei den Hausaufgaben? Oder kontrollierst du sie hinterher und lässt Fehler korrigieren? Mach das nicht! Erstens darf dein Kind lernen, dass es okay ist, Fehler zu machen. Und zweitens muss der Lehrer wissen, wo noch Defizite vorhanden sind.

Und dein Kind kann die Frustrationstoleranz nur üben, wenn du es auch mal Fehler machen lässt.

3. Hürdenlauf im Alltag

Gib deinem Kind immer mal wieder bewusst Aufgaben, die eine kleine Herausforderung darstellen. So als würdest du ihm im Fitnesscenter ein paar Gramm mehr Gewicht auflegen, damit es seine Muskeln trainiert.

Das können Aufgaben im Haushalt sein oder im Garten. Bitte dein Kind, dir zu helfen – das ist besonders gut für’s Selbstbewusstsein!

Klar wird dein Kind diese Aufgaben noch nicht perfekt erledigen können. Stell dich einfach darauf ein, dass beim gemeinsamen Kuchenbacken auch mal ein Ei auf dem Boden landet oder hinterher die halbe Küche voller Mehl ist. Das gehört doch irgendwie dazu J

Das Erfolgserlebnis für dein Kind, wenn es die Herausforderung gemeistert hat, ist es das allemal wert. Und gleichzeitig lernt dein Kind, dass es nicht schlimm ist, wenn auch mal was danebengeht.

4. Traurigkeit, Langeweile & Co. 

Auch andere negative Emotionen (wie z.B. Trauer) oder schlechte Erfahrungen solltest du dein Kind möglichst aushalten lassen.

Das heißt nicht, dass du es damit alleine lassen sollst. Nimm es in den Arm, wenn es weint. Sag ihm, dass du verstehst, warum es so traurig ist. Aber versuche es nicht gleich abzulenken, aufzuheitern oder – noch schlimmer – mit Süßigkeiten & Co. zu trösten!

Gleiches gilt für Langeweile. Kinder dürfen sich auch mal ein wenig langweilen. Das ist sogar gut für’s Gehirn und fördert die Kreativität. Also fang nicht sofort an, dein Kind zu bespaßen oder ihm alle möglichen Beschäftigungen zu präsentieren, wenn es sich ein bisschen langweilt.

5. Warten lassen - aber richtig

Kind warten lassen für eine höhere Frustrationstoleranz-aber richtig

Ein Aspekt der Frustrationstoleranz ist das Warten: Kinder müssen lernen, dass ihre Wünsche, Forderungen etc. nicht immer sofort erfüllt werden können.

Auch hier gilt: Du musst diese Situationen nicht provozieren! Sie ergeben sich jeden Tag in allen möglichen Lebenslagen. Kinder haben ja das Talent, uns immer genau DANN zu rufen, wenn wir gerade telefonieren, auf dem Klo sitzen oder irgendwie beschäftigt sind.

WICHTIG: Lass dein Kind nicht einfach kommentarlos warten. Ignoriere es nicht und gib ihm auch nicht das Gefühl, dass es gerade stört bzw. nervt...

So geht es richtig:

  1. 1
    Wende dich ihm (wenn möglich) kurz zu, damit es weiß, du hast es wahrgenommen
  2. 2
    Sag ihm, was du gerade tust („Schatz, ich telefoniere gerade mit meiner Freundin.“)
  3. 3
    Sag ihm konkret, wann du dich ihm zuwenden wirst („Ich schreibe diese Nachricht noch zu Ende, dann komme ich und schaue dein Bild an.“)
  4. 4
    Wende dich anschließend deiner Tätigkeit zu und lass dich möglichst nicht mehr ablenken – auch nicht, wenn dein Kind anfängt zu schreien oder dergleichen
  5. 5
    Halte anschließend dein Versprechen ein. Hat dein Kind Theater gemacht, geh darüber hinweg (denk dran, es muss die Impulskontrolle erst lernen). Andernfalls kannst du gerne sagen: „Danke, dass du kurz gewartet hast.“

So lernt dein Kind, dass du sein Bedürfnis wahrgenommen hast (1), dass du allerdings selbst gerade einem Bedürfnis nachgehst (2), dass es einen Moment warten muss (3) und dass es nichts bringt, dich weiter zu nerven oder Theater zu machen (4). Am Ende merkt es, dass sein Wunsch erfüllt wird (5) und dass es sich sein Drama auch hätte sparen können.

6. Vorfreude ist die schönste Freude

Kennt dein Kind das Gefühl von Vorfreude? Und zwar nicht nur vor Weihnachten oder dem Geburtstag, sondern so generell?

Wir leben ja in dem Luxus, uns fast jederzeit alle Wünsche schnell erfüllen zu können. Was auch immer man braucht, ist fix im Internet bestellt und innerhalb von 24h geliefert. Supermärkte und Shoppingcenter bieten alles, was das Herz begehrt und selbst fertiges Essen bekommt man an jeder Straßenecke.

Versuche deinen Kindern daher bewusst das Gefühl von Vorfreude zu vermitteln. Erzähl ihnen gerne, wie das für dich als Kind war, als es vielleicht noch nicht alles überall und zu jeder Zeit zu kaufen gab.

Wenn dein Kind lernt, dass das Warten auf die Erfüllung eines Wunsches auch sehr schön sein kann, stärkt das wiederum die Frustrationstoleranz.

7. Verlieren will gelernt sein

Mensch ärgere dich nicht spielen für Frustrationstoleranz

Eltern neigen dazu, ihre Kinder bei Spielen absichtlich gewinnen zu lassen.

Klar ist es schwer auszuhalten, wenn Junior plötzlich den Spaß am Spiel verliert und vielleicht sogar anfängt zu weinen oder zu toben, weil er/sie verloren hat. Aber das gehört nun mal dazu und spätestens im Kindergarten oder in der Schule werden die anderen Kinder auch keine Rücksicht mehr darauf nehmen.

Lass dein Kind also nicht absichtlich gewinnen.

Sollte es weinen, ausrasten oder dergleichen, zeige Verständnis: „Ich verstehe, dass du enttäuscht bist. Du wolltest gewinnen, stimmt’s?“

Vermeide bitte unbedingt, die Gefühle deines Kindes klein zu reden (z.B. „Jetzt hab dich doch nicht so, das ist doch nur ein Spiel!“). Dein Kind soll nicht lernen, dass seine Gefühle falsch sind – es soll lernen, den Gefühlen auf angemessene Weise Ausdruck zu verleihen!

Hat sich dein Kind beruhigt, sprich mit ihm über seine Reaktion. Zum Beispiel: „Schade, dass du alles umgeworfen hast. Stell dir vor, du hättest gewonnen und Paul hätte dann alles rumgeschmissen. Das ist nicht so schön, oder?“

Und gib deinem Kind immer wieder eine neue Chance. Von Aussagen wie „Mit dir spiele ich nicht mehr, du kannst ja nicht verlieren!“ lernt es nichts.

8. Vorbildlicher Umgang mit Frust

Ein sehr wichtiger Punkt beim Lernen von Frustrationstoleranz ist deine Vorbildwirkung.

Kinder beobachten ihre Eltern ganz genau und ahmen deren Verhaltensweisen nach. Je ruhiger und gelassener du also selbst in negativen Situationen bleibst, desto eher wird sich dein Kind dieses Verhalten bei dir abschauen.

Und andersrum gilt das noch viel stärker:

Reagierst du selbst schnell wütend, aufbrausend, jähzornig oder gereizt, wird auch dein Kind größere Schwierigkeiten mit der Impulskontrolle haben.

Das heißt jetzt aber nicht, dass du den ganzen Tag vor dich hin lächeln sollst, obwohl du innerlich auf 180 bist. Nutze deinen eigenen Frust vielmehr als Möglichkeit, deinem Kind etwas beizubringen – indem du darüber redest!

Das könnte z.B. so klingen:

„Oh nein, jetzt ist mir der Kuchen angebrannt! Boah, das ärgert mich so. Ich würde den vor Wut am liebsten gegen die Wand schmeißen. Puh. Ich geh lieber mal kurz auf den Balkon und atme ein paar Mal tief durch...“

So lernt dein Kind, dass negative Gefühle ganz normal sind und wie man damit umgehen kann.

9. Anton Ärger und Winnie Wut

Spielerisch Frustrationstoleranz lernen und mit Gefühlen lernen umzugehen

Gefühle sind für Kinder eine komische Sache: Sie fühlen sich so heftig und überwältigend an und doch sind sie irgendwie nicht „greifbar“.

Mit deinem Kind über Emotionen zu sprechen, hilft ihm also sehr, sie besser zu verstehen. Beschreibe dazu, was du wahrnimmst und benenne das Gefühl: „Oh, ich sehe, dass du die Fäuste ballst und ganz grimmig guckst. Du bist richtig wütend, stimmt’s?“

So fühlt sich dein Kind gesehen und verstanden.

Du kannst die Wahrnehmung deines Kindes bewusst auf das Gefühl lenken und z.B. fragen: „Wo fühlst du die Wut? Im Bauch? Ist das so, als ob da ein Vulkan brodelt?“

So lernt dein Kind die Vorgänge im Körper besser kennen und verstehen. Später kann es dann in emotionalen Situationen leichter sagen, was es fühlt.

Und ihr könnt den Emotionen lustige Namen geben. „Trude Traurig“ und „Anton Ärger“ lassen sich meistens viel besser unter Kontrolle bekommen.

10. Sehen statt loben

Wenn du die Frustrationstoleranz deines Kindes stärken willst, solltest du dich mit Lob zurückhalten.

Warum?

Lobst du dein Kind jedes Mal, wenn es etwas besonders gut gemacht oder ein Ziel erreicht hat, freut es sich natürlich. Allerdings ist der Frust dann doppelt so groß, wenn mal etwas NICHT gelingt. Denn dann fehlt nicht nur der Erfolg, sondern auch noch das Lob.

Gib deinem Kind also lieber das Gefühl, dass du es immer liebst, egal welche Leistung es vollbringt. Sag ihm z.B. „Ich freu mich, dass du Spaß hast beim Malen“, anstatt das fertige Bild zu loben.

Kinder wollen eigentlich gar nicht gelobt, sondern GESEHEN werden! Sie wünschen sich unsere Liebe und unsere Aufmerksamkeit in jeder Lebenslage und nicht nur, wenn sie etwas besonders toll gemacht haben.

PS: Gleiches gilt übrigens – in noch viel stärkerem Maße – für Belohnungen!

11. Weder Strafe noch Belohnung

Bis ein Kind gelernt hat, seine Impulse zu kontrollieren, kann es zu etlichen „Ausbrüchen“ kommen. Bitte bestrafe dein Kind dann nicht für sein Verhalten. Denk immer dran, dass es nicht aus Boshaftigkeit handelt, sondern weil es gerade total überfordert ist mit seinen Gefühlen und nicht weiß, wie es damit umgehen soll.

Wird es dann auch noch bestraft, verstärkt das den Frust und macht alles nur noch schlimmer.

Du solltest natürlich klare Grenzen setzen, wenn es z.B. anfängt, etwas kaputt zu machen oder in seiner Wut sich oder anderen weh tut. Sag ihm trotzdem, dass du seine Emotionen verstehst, z.B.: „Ich verstehe, dass du gerade richtig doll wütend bist, aber trotzdem möchte ich nicht gehauen werden.“

Zeig deinem Kind lieber Alternativen für den Umgang mit seinen Gefühlen.

Fazit: Frustrationstoleranz ist Übungssache

So, das waren meine 11 besten Tipps, um mit deinem Kind eine höhere Frustrationstoleranz zu trainieren.

Wie du siehst, brauchst du eigentlich gar nicht viel zu tun. Im Gegenteil – meistens geht es eher darum, NICHTS zu tun... dein Kind auch mal kurz warten oder es mit einer Herausforderung „kämpfen“ zu lassen... nicht gleich einzugreifen, wenn es sich langweilt oder mit den Geschwistern streitet... und es auch Fehler machen zu lassen.

Wichtig ist nur, dass sich dein Kind GESEHEN fühlt! Gib ihm zu verstehen, dass du seine Gefühle, seine Wünsche, seine Bedürfnisse etc. wahrnimmst und Verständnis dafür hast.

Eine sehr gute Basis bietet dafür übrigens die bedürfnisorientierte Erziehung. Lies dazu gerne hier weiter: Bedürfnisorientierte Erziehung – praktische Tipps für jede Altersstufe

Die wichtigsten Infos in Kürze

Hier hab ich nochmal die wichtigsten Informationen zum Thema Frustrationstoleranz für dich zusammengefasst:

1. Was bedeutet Frustrationstoleranz?

Die Frustrationstoleranz ist die Fähigkeit, mit negativen Gefühlen wie Wut, Enttäuschung, Trauer usw. umgehen und angemessen darauf reagieren zu können.

2. Ist Frustrationstoleranz angeboren?

Nein. Es ist eine Fähigkeit, die jedes Kind erst lernen muss. Wie gut und schnell es das tut, hängt vom individuellen Charakter und vom Verhalten der Eltern ab.

3. Wann lernen Kinder Frustrationstoleranz?

Quasi von Geburt an. Besonders intensiv lernen sie es jedoch ab der Autonomiephase (ab ca. 2 Jahre), wenn sie mehr und mehr ihren eigenen Willen durchsetzen wollen.

4. Wie äußert sich geringe Frustrationstoleranz?

Kinder mit niedriger Frustrationstoleranz haben Schwierigkeiten, Gefühle wie Wut, Enttäuschung, Neid, Ungeduld etc. zu kontrollieren. Sie reagieren schnell aufbrausend oder sogar aggressiv oder fangen „bei jeder Kleinigkeit“ an zu weinen.

Auch können diese Kinder schlecht warten, geben sehr schnell auf und können nicht gut mit Kritik umgehen. Sie fühlen sich als Versager oder geben immer anderen die Schuld an allem.

5. Warum ist Frustrationstoleranz für Kinder wichtig?

Negative Gefühle aushalten und angemessen reagieren zu können, hilft deinem Kind in allen Lebensbereichen. Es dient dem Selbstwertgefühl und macht insgesamt zufriedener.

Je höher die Frustrationsgrenze ist, desto leichter wird ein Kind bei Herausforderungen dranbleiben, Ziele erreichen und sich neuen Aufgaben stellen.

Und im Sozialverhalten kommen Kinder mit hoher Frustrationstoleranz besser mit anderen zurecht und sind nicht so oft in Konflikte verwickelt.

6. Wie bringe ich meinem Kind Frustrationstoleranz bei?

Frustrationstoleranz kannst du am besten im normalen Alltag trainieren, indem du dein Kind nicht vor allen negativen Erfahrungen zu beschützen versuchst.

Lass es auch mal einen Moment warten, wenn es etwas will (signalisiere ihm jedoch, dass du es gehört/gesehen hast). Zeige ihm liebevoll Grenzen auf, erfülle nicht jeden Wunsch sofort und hilf ihm nicht gleich bei jeder kleinen Herausforderung.

Zeige ihm vor allem, dass du es liebst – unabhängig von irgendwelchen Leistungen.

7. Was tun bei niedriger Frustrationstoleranz bei Kindern?

Kinder mit niedriger Frusttoleranz müssen lernen, dass es nicht immer nur nach ihrem Willen geht und dass auch andere Menschen Bedürfnisse haben, die es zu beachten gilt.

Wichtig ist dabei, ihnen trotzdem das Gefühl zu vermitteln: „Ich sehe dich, ich verstehe deine Gefühle und welches Bedürfnis du hast.“

8. Wie kann man die Frustrationstoleranz fördern?

Gib deinem Kind kleine Aufgaben, z.B. im Haushalt, sodass es sich gebraucht fühlt und Erfolgserlebnisse hat.

Lass dein Kind dabei aber auch mal scheitern. So lernt es, dass auch Niederlagen und Rückschläge zum Leben dazugehören und es nicht schlimm ist, wenn mal etwas nicht gelingt.

9. Was sollte ich NICHT tun, um meinem Kind Frustrationstoleranz beizubringen?

Versuche bitte dein Kind nicht absichtlich zu „frustrieren“. Es reicht vollkommen, wenn es sich den normalen täglichen Herausforderungen stellen muss.

 Lass dein Kind auch niemals alleine mit seinen negativen Gefühlen. Gib ihm zu verstehen, dass es okay ist, wütend, traurig, enttäuscht usw. zu sein. Es soll nicht lernen, dass diese Gefühle falsch sind – es soll vielmehr den Umgang damit lernen.