Hast du schon mal was von Bindungstypen gehört?
Weißt du, wie wichtig das Bindungsverhalten deines Kindes für eine gesunde psychische und emotionale Entwicklung ist?
Nein?
Dann bist du hier genau richtig. In diesem Artikel erfährst du alles über die 4 Bindungstypen und warum eine sichere Bindung so wichtig ist für dein Kind.
Dazu gibt’s jede Menge praktische Beispiele und Tipps, wie du die Bindung zu deinem Kind stärken kannst – denn starke Kids brauchen eine starke Bindung...
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Was bedeutet Bindung? Eine einfach Definition
Wir Menschen haben von Natur aus das Bedürfnis nach Bindung. Das liegt zum einen natürlich daran, dass Babys und Kinder von ihren Eltern abhängig sind. Sie brauchen den Schutz und die Versorgung durch ihre Eltern. Alleine können sie noch nicht überleben.
Zum anderen sehnen wir uns aber auch nach Nähe, Zuwendung und Geborgenheit. Als Kind erhalten wir dies im Idealfall von unserer Eltern oder anderen vertrauten Bezugspersonen, z.B. den Großeltern.
Unter Bindung wird also die enge emotionale Beziehung
zu einer Bezugsperson verstanden.
Der Einfachheit halber werde ich in diesem Artikel meistens die Mutter-Kind-Beziehung erwähnen. Alles gilt jedoch genauso für das Verhältnis zwischen Vater und Kind oder anderen Personen, zu denen das Kind eine enge Bindung hat.
Was besagt die Bindungstheorie?
Der britische Kinderarzt und –psychiater John Bowlby gilt als Begründer der Bindungstheorie. Diese beschreibt das Bindungsverhältnis zwischen einem Kind und seiner Bezugsperson.
Das Bindungsmodell nach Bowlby unterscheidet dabei zwischen dem Bindungs- und dem Explorationsverhalten. Was bedeutet das?
Das Bindungsverhalten zeigt sich, wenn das Kind von der Bezugsperson getrennt wird, wenn es Angst hat oder wenn es sich in einer neuen, ungewohnten Situation befindet: Sucht das Kind z.B. Schutz bei Mama oder Papa? Orientiert es sich an ihrem Verhalten, z.B. wie sie auf eine fremde Person reagieren? Weint es, wenn es von der Bezugsperson getrennt ist?
Das Explorationsverhalten hingegen zeigt sich in vertrauter, gewohnter Umgebung. Ist das Kind entspannt und beginnt es voller Vertrauen seine Welt zu erkunden? Fühlt es sich sicher und beschützt, weil es weiß, dass es jederzeit in die Geborgenheit der Eltern zurückkehren kann?
Die Entwicklungspsychologin Mary Ainsworth hat das Bindungsverhalten mit Hilfe des sogenannten „Fremde Situation Experiments“ in 4 Bindungstypen unterteilt. Diese schauen wir uns nun im Detail an:
Die 4 Bindungstypen - Merkmale, Besonderheiten, Ursachen und Auswirkungen
- 1unsicher-vermeidende Bindung
- 2sichere Bindung
- 3unsicher-ambivalente Bindung
- 4unsicher-desorganisierte Bindung
Ich erkläre dir jeden Bindungstyp ausführlich, im Anschluss findest du dann eine übersichtliche Zusammenfassung.
Wie wurden die Bindungstypen ermittelt?
Ainsworth hat ihr Bindungsexperiment mit Kindern gemacht, die zwischen 12 und 18 Monate alt waren. Sie wurden jeweils mit ihrer Mutter in einen Raum mit Spielzeug gebracht. Zusätzlich war eine fremde Person anwesend. (siehe Ainsworth, Mary; Waters, Everett; Blehar, Mary C.; Wall, Sally (1978): Patterns of attachment. A psychological study of the strange situation)
Dann wurde beobachtet, wie sich die Kinder verhalten,
Aus dem jeweiligen Verhalten ließen sich schließlich die 4 Bindungstypen erkennen.
1. Kinder mit unser-vermeidender Bindung
Verhalten:
Die Kinder fingen an zu spielen bzw. den Raum zu erkunden (Explorationsverhalten). Auf das Weggehen der Mutter reagierten sie kaum oder gar nicht, es schien ihnen nichts auszumachen bzw. fast egal zu sein. Ebenso zeigten sie bei der Rückkehr keine Reaktion.
Merkmal:
Schwaches oder nicht vorhandenes Bindungsverhalten.
Vor- und Nachteile:
Diese Kinder scheinen auf den ersten Blick sehr unkompliziert und pflegeleicht zu sein. Allerdings täuscht das, denn innerlich sind sie von der Abwesenheit der Mutter gestresst. Durch die fehlende Bindung können sie diesen Stress nicht abbauen – sie müssen sozusagen mit allem „alleine fertig werden“.
Mögliche Ursachen:
Dieser Bindungstyp entsteht, wenn das Kind kein Urvertrauen zur Bezugsperson aufgebaut hat. Das passiert, wenn Mütter (oder Väter) unzuverlässig sind, dem Kind wenig Nähe und Körperkontakt geben und das Kind mit seinen Emotionen oft allein gelassen wird.
Auswirkungen:
Kinder mit unsicher-vermeidender Bindung haben meistens ein negatives Selbstbild. Sie halten sich selbst für wertlos oder unwichtig, rechnen stets mit Enttäuschungen und haben auch insgesamt eher eine negative Einstellung.
Als Erwachsene haben solche Kinder ebenfalls Schwierigkeiten, Nähe zuzulassen und Beziehungen einzugehen. Außerdem haben sie schon frühzeitig gelernt, die eigenen Gefühle zu unterdrücken, was häufig später zu Depressionen oder anderen psychischen Problemen führt.
2. Kinder mit sicherer Bindung
Verhalten:
Auch diese Kinder beginnen die Umgebung zu erkunden, so lange die Mutter anwesend ist. Verlässt sie den Raum, fangen sie allerdings an zu weinen oder zu schreien und lassen sich auch von der fremden Person nicht trösten. Kehrt die Mutter zurück, beruhigen sie sich schnell wieder und zeigen sich anschließend erneut neugierig und aufgeschlossen.
Merkmal:
Explorationsverhalten und Bindungsverhalten wechseln sich ab.
Vor- und Nachteile:
Auch wenn sich Eltern manchmal wünschen, ihr Kind würde sich leichter von ihnen lösen (zum Beispiel bei der Eingewöhnung in Kita / Kindergarten), ist die sichere Bindung optimal für das Kind. Es hat zwar Stress bei Abwesenheit der Bezugsperson, kann sich aber auch schnell wieder beruhigen.
Mögliche Ursachen:
Kinder entwickeln eine sichere Bindung, wenn sie von Geburt an viel Nähe, Liebe, Schutz und Geborgenheit erfahren haben. Die Eltern reagieren sehr feinfühlig auf ihr Kind, achten auf die Bedürfnisse des Kindes und lassen ihm gleichzeitig den nötigen Freiraum.
Auswirkungen:
Kinder mit sicherer Bindung können sich optimal entwickeln. Sie fühlen sich geliebt, umsorgt und beschützt. Dadurch haben sie ein starkes Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen. Sie können als Erwachsene leichter Beziehungen eingehen und haben selten Verlustängste. Gleichzeitig können sie auch gut alleine sein.
3. Kinder mit unsicher-ambivalenter Bindung
Verhalten:
Auf den ersten Blick verhalten sich diese Kinder ähnlich wie die Kinder mit sicherer Bindung. Allerdings reagieren sie wesentlich heftiger auf die Abwesenheit der Mutter. Mitunter versuchen sie sie auch festzuhalten, damit sie nicht weggeht. Nach ihrer Rückkehr lassen sie sich kaum beruhigen, sind häufig wütend auf die Mutter und suchen gleichzeitig ihre Nähe.
Merkmal:
Sowohl Explorations- als auch Bindungsverhalten sind gestört und von Unsicherheit geprägt.
Vor- und Nachteile:
Diese Kinder stehen innerlich extrem unter Stress, wenn sie neuen Situationen ausgesetzt sind. Da sie keine sichere Bindung zur Mutter (oder Vater etc.) haben, hält der Stress auch an, wenn die Bezugsperson bei ihnen ist. So können sie nicht entspannt ihre Welt erkunden.
Mögliche Ursachen:
Eine unsicher ambivalente Bindung entsteht, wenn sich Eltern mal liebevoll, mal abweisend verhalten. Das Kind weiß nie, welche Reaktion erfolgen wird. Mal bekommt es Nähe und Schutz, ein anderes Mal wird es zurückgewiesen.
Auswirkungen:
Diese Kinder neigen sehr stark dazu zu „klammern“. Das zeigt sich auch später als Erwachsene z.B. in der Partnerschaft. Sie sind sehr oft emotional abhängig und haben ständig Angst vor einem Verlust bzw. einer Trennung. Auch Eifersucht ist häufig ein großes Thema. Gleichzeitig können sie nur schwer alleine sein.
4. Kinder mit unsicher-desorganisierter Bindung
Verhalten:
Diese Kinder zeigen ein extrem ungewöhnliches und widersprüchliches Verhalten. Sie scheinen durchgehend überfordert zu sein und reagieren teilweise mit Zwangshandlungen, Aggressionen oder Apathie. Sie haben oftmals Angst vor ihrer Bezugsperson und suchen gleichzeitig die Nähe.
Merkmal:
Sowohl Explorations- als auch Bindungsverhalten ist widersprüchlich.
Vor- und Nachteile:
Diese Kinder stehen permanent unter innerem Stress und sind nicht in der Lage, eine Bindung zu einer Bezugsperson herzustellen.
Mögliche Ursachen:
Die Ursache für eine desorganisierte Bindung sind meistens traumatische Erlebnisse in der frühen Kindheit wie z.B. Gewalt- oder Missbrauchserfahrungen. Nicht selten sind die Bezugspersonen selbst die Verursacher dieser Traumata.
Auswirkungen:
Werden diese Kinder nicht therapeutisch betreut, entwickeln sie schwere psychologische Störungen.
Die 4 Bindungstypen - Tabelle
Und wie versprochen gibt’s hier nochmal alle Bindungstypen in einer übersichtlichen Tabelle:
Ist der Bindungstyp veränderbar?
Klare Antwort: JA!
Das Bindungsverhalten von Kindern kann sich verändern – sowohl in die positive als auch in die negative Richtung. So kann sich beispielsweise durch die Trennung der Eltern aus der sicheren Bindung eine unsicher-vermeidende oder eine unsicher-ambivalente Bindung entwickeln.
Andersherum hast du jederzeit die Chance, das Bindungsverhalten deines Kindes positiv zu verändern. Wie das gelingt, verrate ich dir gleich...
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Warum ist eine sichere Bindung so wichtig?
Bevor ich dir Tipps gebe, wie du eine sichere Bindung zu deinem Kind aufbauen kannst, lass uns noch mal schnell die Vorteile anschauen:
Um es kurz zu machen:
Kinder mit sicherer Bindung führen in der Regel ein glücklicheres,
zufriedeneres, erfüllteres und psychisch gesünderes Leben.
Dies bestätigen auch verschiedene Studien, z.B. die von Prof. Dr. Guy Bodenmann der Universität Zürich.
Die Folgen von Bindungsstörungen
Kinder mit einer Bindungsstörung – also einer unsicheren oder ambivalenten Bindung – zeigen häufig folgende Auffälligkeiten:
Auch als Erwachsene leiden sie häufig unter Bindungsängsten und neigen eher zu psychischen Erkrankungen (z.B. Depressionen) und Suchtverhalten.
Übrigens:
Der Bindungstyp ist nicht auf die Kindheit beschränkt. Auch als Erwachsene zeigen wir einen sicheren, ängstlichen oder vermeidenden bzw. distanzierten Bindungsstil.
Was kann ich für eine sichere Bindung tun?
Da du nun weißt, wie enorm wichtig eine sichere Bindung für dein Kind ist, stellt sich die Frage:
Was kann ich tun, damit mein Kind eine sichere Bindung aufbaut?
Und genau das werde ich dir jetzt verraten:
1. Urvertrauen von Anfang an
Das Bindungsverhalten zeigen Kinder etwa ab dem 1. Lebensjahr – der Aufbau einer sicheren Bindung beginnt jedoch schon bei der Geburt.
Gib deinem Baby so viel Nähe, Liebe, Geborgenheit und Schutz wie möglich. Das geht zum Beispiel durch viel Körperkontakt... lass es in deinem Bett schlafen, nimm es oft auf den Arm, trage es vielleicht sogar in einem Tragetuch, wenn du magst.
Schau deinem Baby oft ins Gesicht, sprich leise und liebevoll mit ihm. Nimm dir viel Zeit für die Pflege (baden, Windel wechseln usw.). Vielleicht magst du deinem Kind auch spezielle Babymassagen geben.
Je mehr Liebe und Aufmerksamkeit dein Baby bekommt, desto mehr Urvertrauen kann es aufbauen – die beste Basis für eine sichere Bindung.
2. Hallo, ich habe ein Bedürfnis!
Versuche möglichst IMMER auf die Bedürfnisse deines Kindes zu reagieren.
Das heißt nicht, dass du sie immer erfüllen musst... Aber signalisiere deinem Kind, dass du es wahrnimmst und verstehst. Erkläre ihm, warum du sein Bedürfnis evtl. im Moment nicht erfüllen kannst. Wichtig ist, dass es sich gesehen und verstanden fühlt.
Schau dir dazu am besten mal die Grundlagen der bedürfnisorientierten Erziehung an!
Auch das beginnt schon im Säuglingsalter. Lass dein Baby nicht schreien, wie es (leider) immer noch ab und zu empfohlen wird! Es schreit nicht, um dich zu ärgern – es schreit, weil es irgendwas braucht. Reagierst du nicht darauf, verliert es sein Vertrauen in dich und entwickelt im schlimmsten Fall eine unsicher-vermeidende Bindung.
Exkurs „Trotzphase“
Hast du das Gefühl, dass dein Kind mit seinem Geschrei nur seinen Willen durchsetzen will? Dann darfst und solltest du ihm natürlich Grenzen setzen. Versuche trotzdem zu verstehen, warum es sich gerade so verhält und kommuniziere das auch...
Zum Beispiel: „Du bist wütend, weil ich dir kein Eis kaufe. Ich verstehe das. Ich würde auch gerne jeden Tag dreimal Eis essen, aber das ist nicht so gut für den Körper und die Zähne. Lass uns doch nachher zum Nachtisch leckere Erdbeeren essen.“
3. Grenzen setzen, so geht´s richtig
Und wenn wir schon beim Thema Grenzen setzen sind:
Achte darauf, dass du deinem Kind möglichst wenige Grenzen setzt. Erinnerst du dich an das Explorationsverhalten? Dein Kind möchte seine Welt erkunden, Erfahrungen sammeln, Neues entdecken... Das geht nur, wenn du ihm ein gewisses Maß an Freiraum lässt.
Achte vielmehr darauf, dass Grenzen und Regeln für dein Kind klar, verständlich und verlässlich sind.
Wenn du an einem Tag total entspannt bist und deinem Kind alles erlaubst und am nächsten Tag plötzlich schlechte Laune hast und ständig meckerst und schimpfst, ist dein Kind irritiert. Denk an die unsicher-ambivalente Bindung – sie entsteht, wenn dein Kind nicht einschätzen kann, wie du reagierst.
Und nein, du musst nicht jeden Tag gute Laune haben! Das bringt uns jedoch zum nächsten Punkt...
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4. Sei der „nette Chef“
Eine sichere Bindung hat sehr viel mit Vertrauen zu tun. Dein Kind muss sich darauf verlassen können, dass du es liebst und beschützt. Und das kann es viel leichter, je ausgeglichener, freundlicher und zuverlässiger du bist.
Nehmen wir dazu mal ein Beispiel:Angenommen, du hast zwei Chefs...
Chef 1 ist immer ruhig, freundlich und ausgeglichen. Er wertschätzt dich und deine Arbeit und sagt dir das auch. Wenn er etwas zu kritisieren hat, macht er das sachlich und so, dass du dich nicht persönlich angegriffen fühlst. Und wenn er mal schlechte Laune hat, zieht er sich in sein Büro zurück und erklärt dir: „Frau Maier, ich bin heute mies drauf. Das hat nichts mit Ihnen zu tun, aber vielleicht lassen mich heute lieber in Ruhe.“
Chef 2 hingegen ist launisch, aufbrausend und unberechenbar. Einen Tag ist er super nett zu dir und lobt dich in den Himmel. Am nächsten Tag brüllt er dich wegen jeder Kleinigkeit an und sagt dir, dass du total unfähig bist. Auch innerhalb eines Tages kann seine Laune jederzeit umschlagen. Du weißt nie, woran du bist.
Na, zu welchem Chef hättest du mehr Vertrauen? Bei wem würdest du dich wohler fühlen? An wen würdest du dich wenden, wenn du ein Problem hast oder einen Rat brauchst? Und bei wem würdest du dich eher trauen, eine neue Idee vorzubringen? Ich denke, hier wählt jeder Chef Nr. 1, oder?
Was kannst du aus diesem Beispiel lernen?
Verhalte dich deinem Kind gegenüber möglichst immer wie Chef 1:
Wenn es dir schwerfällt, ruhig und ausgeglichen zu sein, schau dir gerne diesen Artikel an: Ruhig bleiben mit Kindern – 16 Tipps für mehr Gelassenheit
5. Liebe in jeder Lebenslage
Der letzte Punkt ist eigentlich in den vorhergehenden schon enthalten, aber ich kann es nicht oft genug wiederholen:
Schenke deinem Kind bedingungslose Liebe!
Zeig ihm, dass du es auch dann liebst...
Mach deine Liebe niemals vom Verhalten deines Kindes abhängig. Sag ihm niemals, es wäre nervig oder anstrengend – das schadet seinem Selbstwertgefühl. Und versuche auch alle Gefühle zu akzeptieren, die dein Kind hat, auch die negativen...
Natürlich darfst du ihm sagen, wenn dich etwas an seinem Verhalten stört. Aber bleibe dabei sachlich und gib deinem Kind nicht das Gefühl, dass du es deswegen weniger liebst. Trenne das Verhalten von der Persönlichkeit deines Kindes.
Am besten eignet sich dazu die gewaltfreie Kommunikation. Schau dir hier gerne an, wie du sie umsetzen kannst: So gelingt gewaltfreie Kommunikation mit Kindern (inkl. Beispiele)
Verwöhnt, verweichlicht, verzogen - über Vorurteile und Missverständnisse
Oft haben Eltern Angst, dass sie ihr Kind mit so viel Liebe, Nähe und Fürsorge verwöhnen.
Ich kann dich beruhigen: Kinder mit sicherer Bindung sind nicht verwöhnt! Und ihr seid auch nicht automatisch sogenannte Helikopter-Eltern, nur weil ihr auf die Bedürfnisse eures Kindes achtet.
Dieser Irrglaube stammt noch aus früheren Generationen, als die Eltern ihren Kindern kaum Liebe und Wertschätzung entgegengebracht haben. Als Kinder folgsam sein und den Eltern schon zeitig helfen mussten und Disziplin und Leistung mehr zählten als eine glückliche Kindheit.
Diese Zeiten sind zum Glück vorbei. Leider halten sich einige Erziehungsmethoden noch hartnäckig.
Daher kann ich es nur immer wieder betonen:
Du kannst deinem Kind niemals zu viel Liebe schenken.
Und ja – du darfst Grenzen setzen!
Und nein – dein Kind wird nicht egoistisch und frech, wenn du auf seine Bedürfnisse Rücksicht nimmst. Ganz im Gegenteil!
Übrigens: Kinder mit Bindungsstörungen sind nicht frech, ungezogen oder böse. Sie verhalten sich nur deshalb auffällig, aggressiv oder rücksichtslos, weil ihnen Liebe, Zuneigung und Sicherheit fehlen!
Dem kannst du mit einer sicheren Bindung am besten vorbeugen.
Wie das gelingt, weißt du ja nun 🙂
Alles rund ums Bindungsverhalten - kurz und knapp:
Die 4 Bindungstypen nach Bowlby und Ainsworth sind:
- Typ A: die unsicher-vermeidende Bindung
- Typ B: die sichere Bindung
- Typ C: die unsicher-ambivalente Bindung
- Typ D: die unsicher-desorganisierte Bindung
Ainsworth hat den Bindungstyp mit dem Fremde-Situations-Test ermittelt. Dieser kann bei Kindern ab ca. einem Jahr angewendet werden.
Du kannst dein Kind aber auch selbst beobachten, wie es sich in fremden, ungewohnten Situationen verhält. Vor allem, wenn du es dann für kurze Zeit alleine bzw. bei einer (für das Kind) fremden Person lässt.
Sehr deutlich zeigt sich das Bindungsverhalten deines Kindes bei der Eingewöhnung in Kita, Kindergarten oder bei einer Tagesmutter.
Sicher gebundene Kinder zeigen sich neugierig und aufgeschlossen. In fremden Situationen orientieren sie sich an ihrer Bezugsperson und suchen ggf. bei ihr Schutz. Bei der Trennung von ihrer Bezugsperson weinen oder schreien sie, lassen sich nach ihrer Rückkehr jedoch schnell beruhigen.
Kinder mit sicherer Bindung sind in der Regel selbstbewusst, kontaktfreudig, selbstsicher und psychisch stabil.
Kinder mit unsicher-vermeidender Bindung wirken ebenfalls selbstsicher und selbstständig. Auf die Trennung zur Bezugsperson reagieren sie kaum oder gar nicht, jedoch auch nicht auf die Rückkehr.
Diese Kinder haben innerlich enormen Stress. Sie haben gelernt, alleine klarzukommen, fühlen sich dabei jedoch wertlos und leiden oft unter einem schlechten Selbstwertgefühl. Sie meiden Nähe und haben Schwierigkeiten, Beziehungen einzugehen.
Unsicher-ambivalente Kinder wirken unsicher, ängstlich und klammern sich an ihre Bezugsperson. Kehrt diese nach einer Trennung zurück, bleiben sie unruhig, quasi „in Alarmbereitschaft“. Sie suchen die Nähe und sind gleichzeitig wütend oder aggressiv gegenüber ihrer Bezugsperson.
Diese Kinder haben kein Urvertrauen. Sie rechnen ständig damit, enttäuscht zu werden. Dadurch sind sie oft emotional abhängig, haben Verlustängste und leiden häufig unter psychischen Problemen.
Unsicher-desorganisierte Kinder zeigen ein widersprüchliches und auffälliges Verhalten. Sie scheinen von allem überfordert zu sein. Sie suchen einerseits die Nähe zu ihrer Bezugsperson und haben gleichzeitig Angst vor ihr.
Dieser Bindungstyp entsteht meistens aufgrund von traumatischen Erfahrungen, z.B. Gewalt oder Missbrauch (oftmals durch eine enge Bezugsperson.)
Bindungsstörungen zeigen sich vor allem darin, dass Kinder übermäßig ängstlich, unsicher oder auch aggressiv sind. Sie haben häufig eine geringe Frustrationstoleranz und Schwierigkeiten, soziale Kontakte aufzubauen.
Schenke deinem Kind vom ersten Tag an Liebe, Nähe, Geborgenheit, Schutz und Sicherheit. Achte auf seine Bedürfnisse und versuche sie möglichst zu erfüllen oder zumindest wahrzunehmen. Sei verlässlich, fürsorglich und wertschätzend. Gib deinem Kind das Gefühl, dass es sich jederzeit auf dich verlassen kann und du es IMMER liebst, egal wie es sich verhält.
Ja, der Bindungstyp kann sich sowohl positiv als auch negativ verändern – je nachdem, welche Erfahrungen das Kind (oder später der Erwachsene) macht.
Kinder können außerdem zu verschiedenen Bezugspersonen ein unterschiedliches Bindungsverhalten haben.