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Ist mein Kind hochbegabt? Hochbegabung erkennen und fördern

Deine Zweijährige spricht schon wie eine Erwachsene und stellt dir täglich tausend Fragen? Dein Vierjähriger hat sich selbst das Lesen beigebracht und erforscht gerade die Funktionsweise der Kaffeemaschine?

Dann könnte es sein, dass dein Kind hochbegabt ist...

Doch nicht jedes Kind, das viel fragt, gerne experimentiert oder mit dir über Gott und die Welt philosophiert, ist automatisch hochbegabt.

In diesem Artikel erfährst du deshalb: Woran du Hochbegabung erkennst, welche Vor- und Nachteile es hat und wie du ein hochbegabtes Kind am besten unterstützt.

(Und falls du nach einem Test suchst, verrate ich dir auch, warum du hier keinen findest!)

Hochbegabtes Kind hat viele Talente und kann sehr gut rechnen

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Ab wann ist man eigentlich hochbegabt?

Hochbegabt Kind hat einen hohen IQ

Hochbegabte Kinder sind relativ selten. Nur 2-3% aller Kinder zählen dazu.

Dabei kann sich ihre Begabung im sprachlichen, naturwissenschaftlich-mathematischen, künstlerischen oder sportlichen Bereich zeigen oder sich gleichmäßig über alle Bereiche erstrecken.

Von Hochbegabung spricht man ab einem IQ von 130.

Mit einem IQ zwischen 115 und 130 gilt ein Kind übrigens auch schon als überdurchschnittlich intelligent. Dazu gehören ca. 15% der Kinder.

Gemessen wird das mit Hilfe eines IQ-Tests. Dieser ist schon bei 3-Jährigen möglich, meistens wird er jedoch frühestens im Alter von 5 durchgeführt und bringt dann verlässlichere Ergebnisse.

Möchtest du dein Kind testen lassen, solltest du dich am besten an einen Schul-, Kinder- oder Jugendpsychologen wenden. Von Tests im Internet rate ich ab – sie sind oftmals nicht altersgerecht und spiegeln maximal eine grobe Tendenz wider.

Darüber hinaus kann es sein, dass dein Kind neben der Hochbegabung noch andere Besonderheiten aufweist wie z.B. Hochsensibilität oder ADHS. Auch einige Formen von Autismus treten oft mit einer Hochbegabung zusammen auf oder werden miteinander verwechselt.

Es ist daher wichtig, dein Kind im Verdachtsfall wirklich professionell testen zu lassen, um Fehldiagnosen auszuschließen.

Gut zu wissen:

Da sich die Intelligenz im Laufe des Lebens durchaus verändern kann, empfehlen viele Psychologen, den Test nach einigen Jahren zu wiederholen.

Ist mein Kind hochbegabt?

Hochbegabtes Kind spielt alleine und Freunde spielen zusammen

Hochbegabung zu erkennen, ist also nicht immer so leicht. Viele Kinder werden erst getestet, wenn es z.B. in der Schule zu Verhaltensauffälligkeiten kommt. Meistens äußern die Eltern dann: „Ich hatte ja schon so einen Verdacht...“

Damit es gar nicht erst so weit kommt und du dein Kind möglichst frühzeitig gezielt fördern kannst, solltest du bei den folgenden Merkmalen hellhörig werden:

Mögliche Anzeichen für Hochbegabung:

  • schon als Baby hat dein Kind seine Umwelt besonders intensiv wahrgenommen, was sich häufig durch Überforderung/Reizüberflutung zeigt – das Baby schläft wenig oder kann schwer einschlafen, es schreit ohne erkennbaren Grund besonders nachmittags und abends
  • auch später hat dein Kind unglaublich viel Energie und ist nicht so schnell müde zu kriegen
  • der Wortschatz und die sprachlichen Fähigkeiten liegen weit über denen anderer Kinder
  • dein Kind hat eine schnelle Auffassungsgabe und ein sehr gutes Gedächtnis
  • es erkennt selbstständig komplexe Zusammenhänge, zieht logische Schlussfolgerungen und findet eigene (oft ungewöhnliche) Lösungswege
  • es interessiert sich für komplexe Themengebiete und generell für Themen, die nicht typisch sind für Kinder (z.B. Religion, Politik, Umwelt etc.)
  • an altersgerechten Spielen zeigt es eher wenig Interesse
  • auch mit gleichaltrigen Kindern spielt es kaum und ist daher z.B. im Kindergarten eher ein Außenseiter
  • mitunter ist sein Verhalten nicht altersgerecht, es orientiert sich mehr an den Erwachsenen oder älteren Kindern
  • es stellt viele Fragen, will alles ganz genau wissen und „forscht“ oder experimentiert sehr gerne
  • dein Kind ist sehr kreativ (besonders bei musischer, künstlerischer Begabung) oder zeigt überdurchschnittliche sportliche Leistungen
  • es eignet sich eigenständig Wissen an (bringt sich z.B. selbst Lesen, Schreiben oder Rechnen bei)
  • es langweilt sich schnell und zeigt dann mitunter negatives Verhalten (ist z.B. frech und stänkert mit den anderen Kindern)
  • in der Schule leidet es an Langeweile und Unterforderung – daher fällt es evtl. als „Klassenclown“ auf oder zeigt bewusst schlechte Leistungen, weil es dazugehören will
  • es kann schlecht mit Misserfolgen umgehen, hat eine niedrige Frustrationstoleranz – und reagiert oft mit heftigen Wutausbrüchen, wenn etwas nicht so klappt, wie es sich das vorstellt
  • es ist extrem ehrgeizig und perfektionistisch, oft auch sehr ungeduldig

Je mehr der genannten Punkte auf dein Kind zutreffen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es hochbegabt sein könnte.

Sprich bei einem Verdacht auch gerne mit den Erziehern oder Lehrern/-innen deines Kindes. Sie können es oft noch besser einschätzen, da sie mehr Vergleichsmöglichkeiten zu anderen Kindern haben.

IQ > 130 und nun? Hochbegabte Kinder richtig fördern

Mutter geht zur Beratungsstelle, weil das Kind hochbegabt ist

Dein Kind wurde getestet und hat tatsächlich einen überdurchschnittlichen IQ? Dann fragst du dich jetzt sicher, wie du am besten damit umgehst...

Im Idealfall hast du dort, wo der Test durchgeführt wurde, schon ein paar Hinweise erhalten.

Ich möchte dir dennoch einige praktische Tipps geben. Sie helfen dir auch, wenn du bisher lediglich den Verdacht hast, dein Kind könnte hochbegabt sein – oder wenn es „nur“ überdurchschnittlich intelligent ist.

1. Nimm dein Kind, so an wie es ist!

Je entspannter du mit der ganzen Situation umgehst, desto besser. Betrachte die Hochbegabung deines Kindes weder als Fluch noch als Segen.

Kinder möchten vor allem eines: dazugehören! 

Sie mögen es nicht, als etwas Besonderes betrachtet oder behandelt zu werden – egal ob im positiven oder negativen Sinn.

Sieh die Hochbegabung einfach als etwas, das zu deinem Kind gehört wie sein Charakter oder seine Augenfarbe.

2. Fördern ja, aber richtig

Unterstütze dein Kind in dem Maße, wie es danach verlangt. Was meine ich damit?

Du brauchst ihm jetzt kein wissenschaftliches Studienprogramm zusammenzustellen. Achte einfach darauf, wofür sich dein Kind interessiert und fördere es in diesem Bereich:

Beantworte seine Fragen, wenn es fragt. Lass es spielen, was es spielen möchte – auch wenn es nicht altersgerecht ist. Stell ihm Bücher, Lernplattformen etc. zur Verfügung, melde es ggf. in einem Verein an usw.

Achte darauf, es nicht auszubremsen. Wenn dein Vierjähriger das Mathebuch der großen Schwester durcharbeitet, nimm es ihm nicht weg. Sag niemals „dafür bist du noch zu klein“ – das frustriert und schadet dem Selbstwertgefühl.

Meistens können Kinder selbst sehr gut einschätzen, wozu sie alt genug sind und wozu noch nicht.

3. Soziale Kompetenzen fördern

Hochbegabte Kinder geraten oft in eine Außenseiterrolle. Sei es, weil sie selbst kein Interesse daran haben, mit Gleichaltrigen zu spielen oder weil die anderen Kinder sie als „Streber“ oder „Nerds“ ausgrenzen.

Auch sind hochbegabte Kinder häufig sehr „verkopft“. Das heißt, sie gehen oft sachlich-logisch an eine Situation heran und wirken dadurch manchmal emotionslos oder unsensibel.

Achte daher besonders auf die soziale und emotionale Entwicklung deines Kindes. 

Das bedeutet: Bringe ihm solche Dinge wie Mitgefühl, Rücksichtnahme, Einfühlungsvermögen, Hilfsbereitschaft und Verständnis für andere bei.

4. Unterstützung in Kita und Schule

Wichtig ist natürlich auch, dass dein Kind in der Kita bzw. der Schule richtig gefördert wird. Sprich mit den Lehrern und Erziehern und frage gezielt nach, welche Ideen und Vorschläge sie haben.

Oft wird eine vorzeitige Einschulung oder das Überspringen von Klassen empfohlen.

Vorsicht!

Achte dabei auf die soziale Entwicklung und Integration deines Kindes! Wenn es sich z.B. in seiner Klasse sehr wohl fühlt und gut integriert ist, könnte ein Sprung in eine höhere Klasse eher schaden. Außerdem ist es dort dann erst recht ein Außenseiter und wird es eventuell schwer haben, Anschluss zu finden.

In dem Fall gibt es andere Möglichkeiten wie z.B. Sonderprojekte, Bonusaufgaben statt endloser Wiederholungen oder die zeitweise Teilnahme an anderen Unterrichtsstunden (das sogenannte Drehtürmodell).

Letztendlich sollte immer das Wohl des Kindes im Vordergrund stehen!

5. Keine falschen Erwartungen

Von hochbegabten Kindern wird oftmals erwartet, dass sie in der Schule besonders gute Leistungen zeigen. Häufig passiert aber genau das Gegenteil (siehe auch „Typische Probleme hochbegabter Kinder“).

Versuche auch in diesem Fall dein Kind so zu akzeptieren, wie es ist. Forsche lieber nach den Ursachen und schau, wie du dein Kind unterstützen kannst.

Desweiteren ist das Verhalten hochbegabter Kinder oft schwierig. Auch das kann mehrere Ursachen haben (z.B. Langeweile oder „dazugehören wollen“). Häufig fällt dann der Satz: „Du bist doch so schlau, du musst doch wissen, wie man sich benimmt!“

Solche Aussagen helfen niemandem weiter. Nur weil dein Kind hochintelligent ist, heißt das nicht, dass es sich so vernünftig wie ein Erwachsener benimmt. 

Sozial und emotional sind hochbegabte Kinder nämlich anderen Kindern sehr ähnlich.

6. Die Eltern nicht vergessen

Ein hochbegabtes Kind ist für Eltern eine ziemliche Herausforderung. Und zwar nicht nur, weil es dir sprichwörtlich Löcher in den Bauch fragt und scheinbar unendlich Energie hat, sondern auch, weil es besonders in der Autonomiephase extrem willensstark sein kann und sämtliche Regeln und Grenzen bis ins Detail hinterfragt.

Vergiss daher nicht, auch auf deine eigenen Bedürfnisse zu achten. 

Sag deinem Kind ganz ehrlich, wenn du gerade keine Kraft hast, seine Fragen zu beantworten oder mit ihm die zehnte Runde Schach zu spielen. Orientiere dich dabei am besten an den Grundlagen der gewaltfreien Kommunikation.

Hinzu kommt, dass Eltern hochbegabter Kinder oft vorgeworfen wird, sie würden ihr Kind dazu „trainieren“, wären Helikopter-Eltern oder ähnliches.

Solltest du also (psychologische) Unterstützung für dein Kind in Anspruch nehmen, denk auch an dich selbst und sprich an, wenn du dich überfordert fühlst! Das ist vollkommen menschlich und bedeutet nicht, dass du eine schlechte Mutter oder ein schlechter Vater bist.

Typische Probleme hochbegabter Kinder

Hochbegabt Kind fühlt sich alleine gelassen

Wie gesagt – eine Hochbegabung kann sowohl für das Kind als auch die Eltern mitunter recht anstrengend sein.

Wird sie nicht erkannt oder nicht richtig gefördert, kann es zu folgenden typischen Problemen kommen:

  • das Kind zieht sich zurück und wird zum Einzelgänger oder verhält sich auffällig (spielt z.B. den „Klassenclown“, weil es dazugehören will)
  • aufgrund der Außenseiterrolle oder weil es als Streber gesehen wird, kommt es häufig zu Mobbing
  • es leidet unter fehlender Anerkennung (Lehrer rufen hochbegabte Kinder oft nicht auf, da sie ja sowieso alles wissen)
  • aufgrund der genannten Probleme sowie Langeweile und Unterforderung hat das Kind keine Lust mehr auf Schule oder entwickelt sogar regelrechte Schulangst
  • hochbegabte Kinder leiden oft an einer Lernschwäche – da ihnen alles so leicht fällt, lernen sie nicht, wie man lernt, was dann Probleme am Gymnasium oder im Studium bereitet
  • sie reagieren häufig mit heftigen Wutausbrüchen, wenn ihnen mal etwas nicht sofort gelingt und geben dann schnell auf – es mangelt ihnen daher oft an Resilienz
  • und nicht zuletzt leidet das Selbstbewusstsein des Kindes durch die genannten Probleme und das Gefühl, „anders“ zu sein

Wie du siehst, lohnt es sich, dein Kind rechtzeitig zu unterstützen und zu fördern. Dabei solltest du folgenden Grundsatz immer im Auge behalten:

Nicht dein Kind muss sich anpassen, sondern das Umfeld muss sich aufs Kind einstellen!

Wichtige Links für hochbegabte Kinder und deren Eltern

Hier habe ich noch ein paar Links für dich, wo du dich noch ausführlicher über das Thema Hochbegabung informieren kannst:

Häufige Fragen zu hochbegabten Kindern

1. Ab welchem IQ ist man hochbegabt?

Ab einem IQ von 130 spricht man von Hochbegabung. Das trifft auf etwa 2-3% aller Kinder zu. Mit einem IQ zwischen 115 und 130 gelten Kinder als überdurchschnittlich intelligent.

2. Wann und wie kann man Hochbegabung testen?

Der Test ist ab 3 Jahren möglich, meistens wird er ab 5 durchgeführt und nach einigen Jahren wiederholt. Zum Testen solltest du dich an einen Kinder- oder Jugendpsychologen wenden. Tests im Internet sind ungenau und besonders bei Kindern ungeeignet.

3. Welche „Symptome“ zeigen hochbegabte Kinder?

Hochbegabte Kinder haben eine schnelle Auffassungsgabe und ein sehr gutes Gedächtnis. Ihr Wortschatz liegt meistens weit über dem von gleichaltrigen Kindern. Häufig zeigen sie besonderes Interesse an speziellen Themengebieten oder an „Erwachsenenthemen“.

Sie sind generell sehr wissbegierig und können sehr gut logisch denken.

4. Sind hochbegabte Kinder gute Schüler?

Hochbegabung bedeutet nicht automatisch, dass dein Kind in der Schule nur Einsen schreibt. Oftmals liegt die Hochbegabung nur auf einem Bereich – z.B. sprachliche, mathematische oder künstlerische Begabung.

Zudem zeigen viele Kinder aufgrund von Unterforderung oder „dazugehören wollen“ in der Schule absichtlich schlechte Leistungen.

5. Zeigen hochbegabte Kinder Verhaltensauffälligkeiten?

Zu Verhaltensauffälligkeiten kommt es meistens nur dann, wenn hochbegabte Kinder nicht entsprechend ihrer individuellen Bedürfnisse gefördert werden.

So fangen sie z.B. oft an, andere Kinder zu ärgern, weil sie sich langweilen. Oder sie verhalten sich besonders albern oder sogar aggressiv, um Aufmerksamkeit zu bekommen.

6. Sind hochbegabte Kinder besonders sensibel?

Sehr oft tritt Hochbegabung in Kombination mit Hochsensibilität auf. Manchmal ist aber auch das Gegenteil der Fall, weil hochbegabte Kinder manchmal sehr „analytisch“ und „sachlich“ sind und daher wenig einfühlsam wirken.

7. Gibt es beim Test Fehldiagnosen?

Wird der Test durch eine/-n Psychologin/-en durchgeführt, ist das Ergebnis in der Regel sehr verlässlich. Allerdings kann es vorkommen, dass eine zusätzliche Besonderheit wie z.B. Autismus oder ADHS übersehen wird.

Mitunter wird auch die Diagnose ADHS gestellt, obwohl es sich in Wirklichkeit um eine Hochbegabung handelt.

8. Sind hochbegabte Kinder anstrengend?

Es kann für Eltern ziemlich herausfordernd sein, ein hochbegabtes Kind zu haben. Daher ist es wichtig, auf die eigenen Energiereserven zu achten und sich ggf. selbst Unterstützung zu suchen.

9. Wie kann ich mein hochbegabtes Kind am besten fördern?

Akzeptiere dein Kind so, wie es ist und betrachte es nicht als „ungewöhnlich“. Unterstütze es bei seinen Interessen, so gut es dir möglich ist. Zeige ihm, wie es sich auch eigenständig beschäftigen kann, damit du nicht permanent gefordert bist. Hilf ihm bei seiner sozialen und emotionalen Entwicklung. Und suche nach Unterstützung, z.B. bei speziellen Beratungsstellen oder im Internet.