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Wie gelingt das Töpfchentraining? 16 praktische Tipps

„Also mein Kind war mit einem Jahr schon trocken!“

Kennst du solche Aussagen? Fragst du dich, ob du irgendwas falsch machst, weil dein Kind mit zwei Jahren noch eine Windel braucht?

Und dann liest du im Internet was von „Töpfchentraining – in 3 Tagen windelfrei“... und zweifelst erneut an dir und deinem Kind...

Stopp! Hör auf, dich verrückt zu machen.

In diesem Artikel zeige ich dir, dass es vollkommen normal ist, wenn dein Zwei- oder Dreijähriges noch in die Windel macht.

Ich verrate dir außerdem sämtliche Tricks und Tipps, mit denen ihr entspannt und gelassen trocken werdet... und warum „Training“ bei diesem Thema eher schadet als nutzt.

Kind sitzt auf Töpfchen und liest ein Buch

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Ab aufs Töpfchen - ab wann macht es Sinn? 

Die meisten Kinder lernen frühestens mit anderthalb Jahren, ihren Harn- und Stuhldrang zu kontrollieren. Sie vorher regelmäßig aufs Töpfchen zu setzen, macht also gar keinen Sinn! Im Gegenteil – es kann sogar schaden, weil sie sich mitunter überfordert fühlen.

Das zeigen auch verschiedene Studien (z.B. die Zürcher Longitudinalstudie):

Kinder werden nicht eher trocken, nur weil man sie möglichst oft und frühzeitig auf den Topf setzt.

Der Grund, warum das z.B. unsere Großeltern gemacht haben, ist ganz einfach: Früher gab es noch keine Wegwerfwindeln. Um möglichst selten die Windeln waschen zu müssen, wurden die Kinder häufig aufs Töpfchen gesetzt. Eher trocken waren sie deshalb aber nicht!

In der Regel dauert es bis zum 3. bis 5. Lebensjahr, bis Kinder gelernt haben, Blase und Darm vollständig zu kontrollieren. Bis dahin sind auch gelegentliche Malheure vollkommen normal.

Meistens können Kinder den Darm schneller kontrollieren als die Blase. Und auch der Unterschied zwischen Tag und Nacht ist normal – nachts trocken zu werden braucht oftmals 1-2 Jahre länger.

Die folgende Grafik zeigt, wie sich das Trockenwerden beim Kind entwickelt:

Entwicklungsprozess Trockenwerden

Was heißt das für dich?

  • Ist dein Kind unter 18 Monate und zeigt keinerlei Interesse am Töpfchen, kannst du noch ganz entspannt abwarten.
  • Ist dein Kind ca. 2 Jahre alt, könntest du langsam mit dem „Töpfchentraining“ beginnen (Tipps dazu findest du weiter unten).
  • Ist dein Kind zwischen 2 und 4 und es klappt noch nicht so 100%-ig mit dem Trockensein, besteht kein Grund zur Sorge!

Von Einnässen spricht man übrigens erst, wenn das Kind mit 5-6 Jahren noch regelmäßig in die Hose macht. Dann solltest du das ärztlich oder psychologisch abklären lassen.

Grundsätzlich gilt: 

Das Trockenwerden hat nichts mit dem Alter des Kindes zu tun, sondern mit seinem individuellen Reifegrad!

Intensives „Töpfchen-Training“ hat ebenfalls wenig Einfluss darauf. Da kann ein ZU VIEL sogar schaden, wenn sich dein Kind unter Druck gesetzt fühlt.

Wie es besser geht, zeige ich dir jetzt:

Begleitung statt Training – 16 praktische Tipps zum Trockenwerden

Mutter begleitet Kind auf das Töpfchen

Wie kannst du nun also dein Kind beim Prozess des Trockenwerdens optimal begleiten?

Ich möchte an dieser Stelle den Begriff „Training“ streichen. Denn du kannst das Trockenwerden mit deinem Kind nicht wirklich trainieren. Es ist wie gesagt ein natürlicher körperlicher Reifeprozess, den du liebevoll und geduldig begleiten und unterstützen darfst.

Übst du hier zu viel Druck aus, bist ungeduldig oder schimpfst sogar, schadet das eurer Eltern-Kind-Bindung und verzögert das Trockenwerden eher als es zu beschleunigen!

Die folgenden Schritte helfen deinem Kind beim Trockenwerden:

1. Beginne wie gesagt nicht zu früh...

... sonst lernt dein Kind gar nicht zu fühlen, wann es muss. Im schlimmsten Fall gewöhnt es sich einfach an den Rhythmus – setzt du es z.B. alle 2 Stunden aufs Töpfchen, entleert es irgendwann Blase / Darm alle 2 Stunden... auch wenn es NICHT auf dem Topf sitzt!

2. Nicht zu viel Veränderung auf einmal

Starte das „Töpfchentraining“ nicht parallel zu anderen Veränderungen im Leben deines Kindes, also z.B. nicht zeitgleich mit der Eingewöhnung im Kindergarten. Das wäre zu viel auf einmal und könnte dein Kind überfordern.

3. Achte auf die Signale deines Kindes

Zeigt es Interesse am Toilettengang? Zieht es sich zurück, wenn es in die Windel macht? Sagt es Bescheid, wenn die Windel voll ist? Wirkt es konzentriert / abwesend, während es in die Windel macht? All dies sind Anzeichen, dass dein Kind spürt, was da in ihm passiert – und nun kannst du das Töpfchen ins Spiel bringen. (Mit dem nächtlichen „Training“ kannst du starten, wenn die Windel morgens oder nach dem Mittagsschlaf öfter mal trocken ist.

4. Sucht das Töpfchen gemeinsam aus

Es gibt ja zahlreiche Modelle, Farben, Formen etc. Am besten lässt du dein Kind selbst aussuchen, welches Töpfchen es möchte. Alternativ gibt es auch Toilettenaufsätze, die meisten Kinder beginnen jedoch lieber mit dem Töpfchen. Bedenke, dass dein Kind nun auch in seiner Autonomiephase ist und gerne alles mitentscheiden möchte.

5. Spielerische Annährung

Nun kannst du dein Kind behutsam an die Benutzung des Töpfchens gewöhnen. Setze es zunächst mal angezogen drauf. Lasst Kuscheltiere und Puppen aufs Töpfchen gehen. Es gibt auch tolle Kinderbücher zu dem Thema, die ihr gemeinsam anschauen könnt.

6. Geht gemeinsam aufs Klo

Kinder interessieren sich für alles, was die Eltern tun. Also lass die Badezimmertür offen, wenn du zur Toilette gehst, sodass dein Kind zuschauen kann. Oder nimm es direkt mit, setz es auf sein Töpfchen, während du selbst dein Geschäft machst. Scham ist hier fehl am Platze.

7. Passe die Kleidung an

Achte darauf, dass sich dein Kind schnell und einfach ausziehen kann. Trainingshosen mit Gummizug sind besser als Hosen mit Knöpfen oder Schleifen. Statt eines Bodys braucht es jetzt Hemd und Unterhose. Du kannst auch sogenannte Trainingshöschen oder Trainingswindeln nutzen.

8. Nutze die warme Jahreszeit

Besonders gut eignen sich die Sommermonate zum Trockenwerden. Lass dein Kind zum Beispiel nackt im Garten herumlaufen, nimm das Töpfchen mit und wenn dein Kind anfängt zu pullern, setzt du es schnell drauf. So merkt es viel besser, was da vor sich geht im Körper.

9. Erinnere dein Kind regelmäßig

Sobald sich dein Kind an das Töpfchen gewöhnt hat, solltest du es immer mal wieder erinnern bzw. fragen, ob es mal muss. Kinder vergessen im Spiel schnell mal, auf ihre Körpersignale zu achten. (Regelmäßig heißt allerdings nicht alle 10 Minuten! Geh deinem Kind nicht auf den Keks mit dem Thema!)

10. Kein Sitzmarathon! 

Lass dein Kind nicht ewig auf dem Topf sitzen, wenn gerade nichts kommt. Maximal 5 Minuten, wenn es so lange sitzen bleibt. Sollte dein Kind schon vorher Theater machen, zwinge es nicht. Probiert es lieber später nochmal. Um die „Sitz-Zeit“ etwas angenehmer zu gestalten, kannst du aber gerne Bilderbücher oder anderes Spielzeug bereithalten.

11. Unterstützung fürs nächtliche Trockenwerden

So hilfst du deinem Kind, auch nachts trocken zu werden: Setz es vor dem Schlafen nochmal aufs Töpfchen. Zieh ihm Schlafsachen an, die es leicht ausziehen kann. Gestalte das Bettchen so, dass es alleine rauskommt. Stell das Töpfchen ggf. ins Kinderzimmer. Lass ein Nachtlicht an. Sag deinem Kind, dass es dich jederzeit rufen darf.

12. Hab Geduld und setz dein Kind nicht unter Druck

Auch wenn das mit dem Trockenwerden nicht so gut klappt, solltest du deinem Kind niemals Vorwürfe machen oder mit ihm schimpfen. Damit machst du alles nur schlimmer. Schenke ihm Wertschätzung, wenn alles geklappt hat – und wenn nicht, mach kein Drama draus.

13. Belohne dein Kind nicht fürs Trockenwerden

Einige Ratgeber empfehlen ein Belohnungssystem. Ich halte nichts davon. Erstens ist das Trockenwerden ein natürlicher Prozess, der keine extra Belohnung erfordert (dich belohnt ja auch niemand, wenn du auf Toilette warst). Und zweitens signalisiert KEINE Belohnung dem Kind, dass es irgendwas falsch gemacht hat – das löst Druck und Schuldgefühle aus und ist nicht hilfreich.

14. Vergleiche dein Kind nicht

Jedes Kind ist individuell – besonders beim Thema Trockenwerden. Also vergleiche dein Kind nicht mit anderen Kindern, Geschwistern etc. Lass dich auch nicht von deinen Eltern, Groß- oder Schwiegereltern unter Druck setzen!

15. Hab keine Angst vor einem Malheur

Bereite dich darauf vor, dass anfangs noch ab und zu etwas danebengehen wird. Nimm also immer Wechselsachen mit, traue deinem Kind aber auch zu, ohne Windel unterwegs zu sein. Und wenn das Höschen nass wird, sag deinem Kind, dass das nicht schlimm ist.

16. Schenke deinem Kind viel Aufmerksamkeit

Das Wechseln der Windel ist oftmals verbunden mit Körperkontakt, kuscheln, miteinander reden oder dergleichen. Das alles fällt weg, sobald dein Kind aufs Töpfchen geht. Sorge für einen Ausgleich, z.B. indem du deinem Kind ein paar Minuten lang besondere Aufmerksamkeit schenkst, wenn es auf dem Töpfchen war.

Mit diesen 16 Tipps kannst du dein Kind beim Trockenwerden optimal begleiten. Denk immer daran: Geduld ist das Wichtigste! Je gelassener du mit dem Thema umgehst, desto besser.

Ein Rückfall – was nun?

Kind steht zwischen zwei streitenden Eltern

Dein Kind war schon trocken und plötzlich nässt es wieder ein?

Ist dein Kind zwischen 2 und 4, besteht in der Regel kein Grund zur Sorge. (Wie gesagt – von „Einnässen“ spricht man erst, wenn das Kind 5-6 Jahre alt ist.) Doch auch danach können verschiedene Ursachen dazu führen, dass dein Kind (oftmals nachts) das Höschen wieder nass macht.

Folgende Gründe können vorliegen, wenn dein Kind plötzlich wieder einnässt:

  • Ein Infekt kündigt sich an. Das muss nicht unbedingt eine Blasenentzündung sein – auch grippale Infekte haben oft einen verstärkten Harndrang zur Folge. Hast du den Verdacht, dass es daran liegen könnte, lass es vom Kinderarzt abklären.
  • Dein Kind hat psychischen Stress. Das können gravierende Veränderungen im Leben deines Kindes sein (z.B. die Trennung der Eltern, ein Umzug, der Start in den Kindergarten, der Verlust einer geliebten Person oder des Haustiers oder ein neues Geschwisterchen). Auch andere psychische Belastungen wie Streit in der Familie oder Mobbing in der Schule / Kita können zum Einnässen führen.
  • Dein Kind fühlt sich generell nicht wohl. Einige Erziehungsstile können dazu führen, dass Kinder auch mit 5 oder 6 Jahren (oder älter) noch in die Hose machen. Das kann zum einen der Wunsch nach mehr Aufmerksamkeit sein, zum anderen eventuell auch eine Art Protest gegen zu viel Strenge und Gehorsam.

Sind körperliche Ursachen ausgeschlossen, solltest du dein Kind verständnisvoll begleiten und ihm keinesfalls Vorwürfe machen.

Mach dir klar, dass JEDES Kind früher oder später trocken wird – also bleib entspannt und gib ihm die Zeit, die es braucht.

Töpfchentraining – Fragen und Antworten

Hier findest du nochmal die wichtigsten Informationen in Kurzform:

1. Wann werden Kinder trocken?

In der Regel beginnen Kinder zwischen 18 und 24 Monaten, ihre Blasen- und Darmentleerung bewusst wahrzunehmen. Bis sie wirklich trocken sind (tagsüber und nachts) kann es durchaus bis zum 4. Lebensjahr dauern.

2. Wann beginnt man mit dem Töpfchentraining?

Frühestens mit 18 Monaten, wenn das Kind von sich aus Interesse am Toilettengang zeigt bzw. von selbst Bescheid sagt, wenn es in die Windel macht / gemacht hat.

Meistens geschieht das aber erst so um den 2. Geburtstag herum.

3. Wie starte ich das Töpfchentraining?

Besorge das Töpfchen mit deinem Kind gemeinsam und führe es spielerisch an die Benutzung heran. Besonders geeignet sind die Sommermonate – du kannst dein Kind draußen nackt herumlaufen lassen und schnell aufs Töpfchen setzen, wenn es mal muss.

4. Wie lange dauert das Trockenwerden?

Das ist sehr individuell. Bei manchen Kindern klappt es recht schnell, andere brauchen Monate oder sogar 1-2 Jahre. Setz dich und dein Kind keinesfalls unter Druck. Es ist ein natürlicher Reifeprozess, der sich im Grunde auch gar nicht „trainieren“ lässt.

5. Mein Kind ist tagsüber trocken, nachts aber nicht.

Das ist völlig normal. Nachts trocken zu werden dauert in der Regel ein bis zwei Jahre länger. Im Schlaf merken die Kinder oftmals nicht, dass sie aufs Töpfchen müssen.

Von „Einnässen“ oder „Bettnässen“ spricht man erst ab einem Alter von 5-6 Jahren.

6. Woran merke ich, dass mein Kind trocken werden will?

Es fängt an, sich für deinen Gang zur Toilette zu interessieren. Viele Kinder beginnen auch Bescheid zu sagen, wenn sie in die Windel gemacht haben.

Das zeigt, dass dein Kind jetzt spürt, was im Körper vorgeht.

7. Ist Töpfchentraining sinnvoll oder schädlich?

Training ist im Grunde das falsche Wort – vielmehr solltest du dein Kind beim Trockenwerden begleiten und unterstützen. Studien zeigen, dass Kinder nicht eher oder schneller trocken werden, nur weil man sie möglichst frühzeitig und/oder häufig aufs Töpfchen setzt.

8. Wie sinnvoll ist eine Trainingswindel?

Die Trainingswindel hilft deinem Kind, wenn es Blase und Darm noch nicht so gut kontrollieren kann. Erreicht es das Töpfchen rechtzeitig, kann es die Windelhose runterziehen wie eine normale Unterhose. Geht mal was daneben, ist es nicht weiter schlimm.

9. Was tun, wenn das Kind nur in die Windel machen will?

Wichtig ist: Bleib geduldig und entspannt. Setz dein Kind nicht unter Druck, das verschlimmert die Situation nur. Warte einfach etwas ab und probiere es zu einem späteren Zeitpunkt nochmal.

10. Mein Kind war schon trocken, jetzt nässt es wieder ein

Lass körperliche Ursachen abklären (z.B. eine Blasenentzündung). Oftmals führen psychische Belastungen wie Streit in der Familie, eine Trennung oder dergleichen zu einem Rückfall bei der Sauberkeitserziehung. Auch Veränderungen wie die Eingewöhnung im Kindergarten oder ein neues Geschwisterchen können dazu führen, dass dein Kind wieder in die Hose macht.

Zeige Verständnis und vermeide es, deinem Kind Vorwürfe zu machen!