Im Internet lauern etliche Gefahren – besonders für Kinder und Jugendliche. Neben Viren, Betrugsversuchen und Cybermobbing ist das sogenannte Cybergrooming ein ernstes Risiko.
So nennt man es, wenn sich Erwachsene im Internet als Kinder oder Jugendliche ausgeben, um in Chats oder Foren gezielt Minderjährige anzusprechen.
Leider wird diese Gefahr noch viel zu oft unterschätzt! In diesem Artikel erfährst du deshalb alles über Cybergrooming – vor allem, wie du es erkennen und dein Kind davor schützen kannst...
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Was ist Cybergrooming?
Als Cybergrooming bezeichnet man es, wenn sich Erwachsene im Internet als Kinder oder Jugendliche ausgeben, um gezielt Minderjährige anzusprechen.
„Grooming“ bedeutet in diesem Fall so viel wie „vorbereiten“ oder auch „pflegen“. Eine einfache Definition wäre also auch: Die Täter pflegen den Kontakt zu Minderjährigen, um ihre weiteren Pläne vorzubereiten.
Dabei haben sie meistens sexuelle Absichten. Die Täter verlangen z.B. das Zusenden freizügiger Fotos oder Videos, fordern zum Ausziehen vor der Webcam auf oder versuchen sich mit den Kindern real zu treffen – ebenfalls mit sexuellen Motiven. Auch das Zeigen oder Zusenden von Pornografie zählt dazu.
Deswegen ist Cybergrooming eine Form von sexuellem Missbrauch und strafbar gemäß Strafgesetzbuch §176.
Alleine der Versuch ist bereits strafbar, es muss gar nicht erst zu sexuellen Aktivitäten oder Andeutungen kommen. Das gilt sogar, wenn das Kind auf die Kontaktaufnahme überhaupt nicht reagiert.
Ein paar Fakten:
Die sexuelle Belästigung Minderjähriger im Internet kommt leider häufiger vor, als man denkt. Eine Studie der Landesanstalt für Medien NRW von 2022 zeigt erschreckende Zahlen:
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Was wollen Cybergroomer?
Wie bereits erwähnt, findet Cybergrooming fast ausschließlich aus sexuellen Motiven statt. (Die Täter sind übrigens fast zu 100% Männer.) Oft wird auch versucht, die Opfer zu erpressen …
Dies sind laut der Studie der Landesanstalt für Medien NRW die häufigsten Absichten von Cybergroomern:
Wo passiert Cybergrooming?
Je mehr Möglichkeiten uns das Internet bietet, desto mehr Wege öffnen sich auch für Cybergrooming.
Facebook, Instagram, TikTok – das sind meistens die ersten Kanäle, an die wir als Eltern denken. Wir warnen unsere Kinder, sich dort nicht mit Fremden anzufreunden... und vergessen, dass es noch viele weitere Ansprachemöglichkeiten gibt.
So bieten viele Games und Gaming-Plattformen (z.B. Steam, Fortnite) eine Chat-Funktion an. Dort können sich die Online-Spieler miteinander unterhalten. Der Vorteil für die Täter ist, dass sie über das Spiel bereits ein gemeinsames Interesse mit ihren Opfern haben. So fällt eine vermeintlich harmlose Kontaktaufnahme sehr leicht.
Die Medienanstalt NRW hat für 2022 die häufigsten Kanäle ermittelt, über die Kinder angesprochen werden:
Nutzt dein Kind diese Kanäle, solltest du dich also unbedingt mit den
Privatsphäre-und Sicherheits-Einstellungen befassen.
(Weiter unten findest du Tipps, wie du TikTok & Co. für dein Kind sicherer machen kannst.)
Woran erkenne ich Cybergrooming?
Das Hauptproblem ist, dass Grooming zu Beginn nicht von „normalen“ Kontaktaufnamhen zu unterscheiden ist. Die Täter gehen oft sehr langsam und behutsam vor, um möglichst viel Vertrauen aufzubauen.
Nach und nach zeigen sich dann jedoch die typischen Anzeichen, die für Cybergrooming charakteristisch sind.
Daran kannst du erkennen, dass du es mit Cybergrooming zu tun hast:
Sprich mit deinem Kind über diese Anzeichen für Cybergrooming,
damit es weiß, worauf es achten sollte!
Wie kann ich mein Kind vor Cybergrooming schützen?
Einen hundertprozentigen Schutz vor Cybergrooming gibt es leider nicht – es sei denn, du hältst dein Kind komplett vom Internet fern.
Dennoch kannst du einiges tun, um dein Kind zu schützen bzw. das Risiko sexueller Übergriffe zu verringern:
1. Wissen ist Macht
Sprich mit deinem Kind über die Gefahren, die im Internet lauern. Die Studie der Landesanstalt für Medien NRW hat ergeben, dass 49,3% aller Kinder und Jugendlichen gerne mehr mit ihren Eltern über unangenehme Internet-Kontakte reden würden.
Nutze daher die oben genannten Beispiele, um sie mit deinem Kind zu besprechen. Es muss wissen, worauf es achten sollte und dass es dir jederzeit Bescheid sagen kann, wenn sich irgendwas komisch anfühlt.
Bring ihm einige Grundregeln bei, z.B. dass es niemals persönliche Daten im Internet teilen darf.
(Vorsicht auch vor „lustigen Spielen“, bei denen man z.B. seinen Namen und sein Alter angeben soll, um zu erfahren, welcher Superheld oder dergleichen man ist...)
Erkläre deinem Kind, dass auch privat gesendete Daten, Fotos oder Videos anschließend als Druckmittel verwendet oder im Internet verbreitet werden können.
Zeige ihm außerdem, wie es andere User blockieren und melden kann, wenn ihm etwas verdächtig vorkommt. Und versichere ihm, dass es jederzeit eine Unterhaltung abbrechen darf. Das ist nicht unhöflich, sondern der beste Schutz vor Belästigung und sexuellen Übergriffen.
Extra Tipp: Der Bösewicht-Vergleich
Für Kinder ist es oft schwer zu glauben, dass es Cybergrooming überhaupt gibt. Sieh es positiv: Es zeigt, dass dein Kind noch keine schlechten Erfahrungen gemacht hat und über ein gesundes Urvertrauen verfügt.
2. Privatsphäre- und Sicherheitseinstellungen: So geht‘s
Hilf deinem Kind bei der Einrichtung der Privatsphäre- und Sicherheits-Einstellungen sobald es anfängt, die sozialen Medien zu nutzen oder Online-Spiele zu spielen.
Die Standardeinstellungen reichen meistens nicht aus! Sie sind weder sicher noch privat genug, um dein Kind vor Hackern, Scammern oder Cybergrooming zu schützen.
Prüfe bei Online-Games oder Gaming-Plattformen, ob sich die Chat-Funktion deaktivieren lässt. Falls ja, mach das! Informiere dich, welche Einstellungen du noch vornehmen kannst, um es für dein Kind sicherer zu machen. Und verwendet unbedingt einen Nickname und niemals den echten Namen des Kindes.
Die Online-Welt sicherer machen:
Wie du oben gesehen hast, findet Cybergrooming vor allem über TikTok, Instagram, Facebook und WhatsApp statt. Aber auch Spiele wie Minecraft und Fortnite sind bei Cybergroomern beliebt.
Da es mitunter etwas kompliziert sein kann, die jeweiligen Einstellungen vorzunehmen, verlinke ich dir hier die entsprechenden Anleitungen zu den häufigsten Kanälen:
Mach dir und deinem Kind trotzdem klar, dass die Einstellungen alleine nicht hundertprozentig schützen. Fake-Accounts, Unachtsamkeit bei Freundschaftsanfragen, gefälschte Benachrichtigungen usw. stellen eine ständige Gefahr dar.
Ein gesundes Misstrauen ist im Internet jederzeit angebracht.
3. Vertrauen statt Strafe
Ein enges Vertrauensverhältnis zwischen dir und deinem Kind ist die beste Voraussetzung, dass es sich im Fall von Cybergrooming an dich wendet.
Dein Kind sollte wissen, dass es jederzeit mit allen Themen und Problemen zu dir kommen kann. Dass es vor allem auch peinliche oder unangenehme Dinge ansprechen kann, ohne Angst haben zu müssen, dass du schimpfst oder es bestrafst.
Studien zeigen:
Viele Opfer von Cybergrooming schweigen aus Angst, dass ihre Eltern ihnen
dann das Handy wegnehmen oder Internetverbot erteilen.
Sag deinem Kind also immer wieder, dass es nichts zu befürchten hat, wenn es sich dir anvertraut. Lass deinen Worten aber auch Taten folgen, denn nur so wird es dir vertrauen.
Das gilt besonders, wenn dein Kind in die Pubertät kommt. Es ist zwar vollkommen normal, dass es sich dann anfängt abzugrenzen und nicht mehr alles mit dir teilt... Trotzdem solltest du ihm immer signalisieren: „Wenn du mich brauchst, bin ich für dich da!“
Zeige außerdem stets Interesse an dem, was dein Kind tut. Das heißt nicht, dass du ihm ständig hinterherspionieren sollst – das wäre kontraproduktiv für euer Vertrauensverhältnis!
Pflege lieber eine offene und wertschätzende Kommunikation. Das fängt schon damit an, wie du z.B. Fragen stellst. Zwischen „Was spielst du denn schon wieder für einen Mist?“ und „Hey, was ist das denn für ein Spiel?“ liegen Welten...
4. Präventive Erziehung
Mach dein Kind von Anfang an stark und selbstbewusst, denn ein starkes Selbstbewusstsein schützt auch vor Cybergrooming!
Warum ist das so?
Studien zeigen, dass sich Täter oftmals die schüchternen, unsicheren Kinder heraussuchen. Sie lassen sich besonders leicht mit Komplimenten oder Bestechungen locken. Häufig trauen sie sich auch nicht, nein zu sagen oder klare Grenzen zu setzen.
Bringe deinem Kind also von Anfang an bei, dass es einen eigenen Willen haben darf. Das heißt ja nicht, dass es den immer durchsetzen darf... aber du solltest auch die Grenzen deines Kindes respektieren.
Dein Kind darf NEIN sagen, es darf eine eigene Meinung haben und
es darf auch Dinge verweigern, die es partout nicht will.
Verlange von deinem Kind keinen blinden Gehorsam. Dann brauchst du dich nicht zu wundern, wenn es sich auch von Fremden zu Sachen drängen lässt, die es eigentlich gar nicht möchte.
Besser: Nimm auf die Bedürfnisse deines Kindes Rücksicht. Erziehe es mit Liebe, Respekt und Wertschätzung.
Wie das gelingt, lernst du in unserem kostenlosen Ratgeber: Eltern-Ratgeber: “So erziehst du starke Kinder”
5. Vorbild sein
Zu guter Letzt solltest auch du als Elternteil sensibel mit Daten, Bildern und Videos umgehen – vor allem, wenn dein Kind darauf zu sehen ist!
Es ist absolut verständlich, dass du stolz bist auf deinen Nachwuchs. Aber:
Baby- und Kinderfotos haben im Internet nichts zu suchen. Du weißt nie,
in welche Hände sie geraten und was damit gemacht wird.
Nehmen wir nur mal das Beispiel eines harmlosen Einschulungsfotos deiner Tochter. Wer Böses im Sinn hat, erkennt darauf vielleicht im Hintergrund die Schule. Ein paar Wochen später postest du, dass deine Tochter jetzt zum Reiten geht. Nun hat ein möglicher Täter schon zwei Hinweise, wo er deiner Tochter auflauern kann...
Bevor du also irgendetwas von deinen Kindern veröffentlichst, frage dich immer:
Praxis-Beispiel: Das Kinderfoto auf der Gartenparty
Oft höre ich Eltern sagen: Ach, das ist doch nur ein harmloses Urlaubsbild. Aber frage dich: Wäre eine Verbreitung unter fremden Menschen okay für dich?
Dazu ein selbst erlebtes Beispiel: Ich war bei Bekannten zur Gartenparty. Per Beamer lief eine Diashow mit ihren Urlaubsfotos durch. Mittendrin plötzlich ein Foto meiner Söhne am Strand!
Ich war geschockt. Was hatte dieses Bild dort zu suchen, wo es nun auch Leute sehen konnten, die ich gar nicht näher kannte?!
Die Erklärung war harmlos. Meine Bekannte hatte im Urlaub das Bild in meinem WhatsApp-Status gesehen und einen Screenshot gemacht, weil sie es so schön fand. So war es versehentlich zwischen die Urlaubsbilder geraten. Sie löschte es sofort... dennoch hat es mir sehr zu denken gegeben.
Seit diesem Vorfall bin ich wesentlich vorsichtiger geworden und überlege ganz genau, wo ich was veröffentliche!
Was tun, wenn es passiert ist?
Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen kann es jederzeit passieren, dass dein Kind Opfer von Cybergrooming wird. Und da bereits der Versuch strafbar ist, solltet ihr den Vorfall auf jeden Fall anzeigen.
Aber der Reihe nach...
- 1Ruhe bewahren: Ganz egal, was passiert ist – versuche ruhig zu bleiben! Mach deinem Kind keinesfalls Vorwürfe, gib ihm nicht die Schuld, beschimpfe und bestrafe es nicht. Es ist ein Opfer und fühlt sich sowieso schon schlecht. Sag ihm: „Du hast nichts falsch gemacht, ich bin nicht böse auf dich.“
- 2Beweise sichern: Dein Kind sollte wissen, wie man einen Screenshot macht (auf allen verwendeten Geräten). Der Chatverlauf ist als Beweismaterial ausgesprochen wichtig. Notiert außerdem den Benutzernamen des Cybergroomers, Datum und Uhrzeit des Vorfalls sowie weitere Daten, soweit sie euch bekannt sind.
- 3Melden und blockieren: Anschließend könnt ihr den Vorfall bei dem jeweiligen Kanal melden und den Täter blockieren, sodass er keine weiteren Nachrichten senden kann.
- 4Vorfall anzeigen: Auch wenn deinem Kind vielleicht nichts passiert ist, solltet ihr den Vorfall anzeigen. Täter probieren es nicht nur bei einem Kind. Ihr schützt also auch andere, wenn ihr es meldet. Nutzt am besten dieses Meldeformular: https://www.fragzebra.de/cybergrooming
- 5Unterstützung: Je nachdem, was geschehen ist, braucht dein Kind eventuell weitere Unterstützung, um den Vorfall zu verarbeiten. Hier findet ihr geeignete Beratungsstellen oder telefonische Hilfe:
Das Wichtigste ist wie gesagt, dass du deinem Kind keine Vorwürfe machst. Sätze wie „Warum hast du denn überhaupt geantwortet?“ oder „Du weißt doch genau, dass man keine Fotos schickt!“ sind jetzt alles andere als hilfreich.
Du kannst dir sicher sein:
Dein Kind weiß, dass es etwas falsch gemacht hat und fühlt sich benutzt und schuldig. Statt deiner Vorwürfe braucht es jetzt Verständnis, Trost und ggf. therapeutische Hilfe.
Zusammenfassung Cybergrooming: Das Wichtigste in Kürze
Ich hoffe, dass ich dich ein wenig für dieses Thema sensibilisieren konnte. Leider wird noch viel zu selten über die Gefahren von Cybergrooming gesprochen.
Hier findest du nochmal alle wichtigen Informationen im Überblick:
Von Cybergrooming spricht man, wenn Erwachsene über das Internet gezielt Minderjährige (unter 14) ansprechen. In den meisten Fällen haben sie sexuelle Absichten.
Bereits der Versuch ist strafbar gemäß §176 StGB. Es handelt sich um eine Form des sexuellen Missbrauchs, es drohen Freiheitsstrafen bis zu 5 Jahre.
Beliebteste Kanäle für Cybergrooming sind die sozialen Netzwerke (TikTok, Instagram etc.) sowie Online-Games mit Chatfunktion.
Die Täter gehen oft sehr behutsam vor, geben sich meistens selbst als Minderjährige aus und versuchen zunächst das Vertrauen ihres Opfers zu gewinnen.
In der Folge kommt es zu typischen Anzeichen für Cybergrooming: Es werden auffällig viele Komplimente gemacht oder Geld, Geschenke, Vorteile etc. versprochen – die Täter versuchen zu privaten Nachrichten zu wechseln – sie bitten um Zusendung von Fotos oder Videos oder das Einschalten der Webcam – sie drängen auf ein reales Treffen.
Dein Kind sollte diese Warnhinweise kennen und sofort reagieren: Screenshots machen, den Täter melden und blockieren, den Vorfall anzeigen und niemals private Daten, Fotos etc. an Fremde senden.
Sprich mit deinem Kind über die Gefahren und versichere ihm, dass es sich jederzeit an dich wenden kann, ohne Angst vor einer Strafe haben zu müssen. Achtsamkeit und ein enges Vertrauensverhältnis zu deinem Kind sind der beste Schutz vor Cybergrooming.
Zusätzlich solltest du dich mit den jeweiligen Sicherheitseinstellungen der Apps, Kanäle, Spiele etc. vertraut machen, die dein Kind nutzt. Hilf ihm bei der Einrichtung.
Ist es doch passiert, mach deinem Kind keine Vorwürfe. Wendet euch an eine Beratungsstelle für sexuellen Missbrauch oder sexuelle Belästigung im Internet.