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Trödeln adé: Die 9 besten Anti-Trödel-Tipps für Kinder

„Jetzt mach doch mal schneller! Wir müssen looos!“

Sicher kennst du solche Sätze. Trödelnde Kinder treiben uns Erwachsene regelmäßig in den Wahnsinn.

Ob morgens beim Anziehen, mittags beim Essen oder abends vor dem Zubettgehen – manche Kinder brauchen einfach ewig. Sie spielen, bummeln und träumen vor sich hin, als hätten sie alle Zeit der Welt. Sie hören nicht! Und du bist es leid, ständig zu warten, zu meckern oder zu spät zu kommen...

Wie schön wäre es, wenn Kinder irgendwo einen Knopf hätten, mit dem man sie beschleunigen könnte 😉

Nun, den Zauberknopf hab ich hier nicht für dich. Dafür aber 9 tolle Anti-Trödel-Tipps, mit denen dein Kind ein wenig schneller wird – und du ein bisschen entspannter.

Neugierig? Dann lies weiter:

Trödelnde Kinder im Schneckentempo

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Ist das Absicht? Warum Kinder trödeln

Warum Kinder trödeln

Zunächst kann ich dich beruhigen: Es ist vollkommen normal, dass Kinder trödeln. Je kleiner sie sind, umso schlimmer ist die „Trödelei“. 

Das hat verschiedene Gründe:

  1. 1
    Kinder haben noch kein Zeitgefühl und verstehen das Konzept der Uhrzeit nicht. Sowas wie „um 15 Uhr“ hat für sie keinerlei Bedeutung. Sie können auch Zeitspannen noch nicht einschätzen, sodass sie überhaupt nicht wissen, wie lange z.B. 10 Minuten sind. Zur Entwicklung des Zeitbewusstseins von Kindern gibt es zahlreiche Studien. So stellte schon der Schweizer Entwicklungspsychologen Jean Piaget fest, dass Kindergartenkinder sowas wie Reihenfolge, Dauer und Geschwindigkeit noch nicht miteinander in Verbindung bringen können (vgl. Perspektiven des Phänomens Zeit).
  2. 2
    Kinder entdecken die Welt und verlieren sich dabei im Augenblick. Sie leben vollkommen im Hier und Jetzt – etwas, was wir Erwachsenen uns oft mühsam wieder anzueignen versuchen. Für sie ist alles total spannend und faszinierend, sie können stundenlang eine Blume bewundern oder die Fliege an der Badezimmerwand beobachten und darüber das Zähneputzen vergessen.
  3. 3
    Uhrzeiten und Termine sind für Kinder nicht wichtig. Warum muss man genau um 8:00 Uhr in der Kita sein? Wieso will Mama morgens unbedingt in einer halben Stunde los? Kinder verstehen das nicht. Blickt man mal geschichtlich zurück, so gibt es die Uhrzeit auch erst seit ca. 600-800 Jahren. Vorher verabredete man sich zum Sonnenaufgang, beim ersten Hahnenschrei oder „mittags“. Würden wir noch immer im Einklang mit der Natur leben, hätten wir viel weniger Stress mit unseren Kindern – zumindest hinsichtlich des Trödelns.
  4. 4
    Der Wechsel von einer Aktivität zur anderen fällt Kindern schwer. Das Spiel in der Kita beenden, den Spielplatz verlassen, das Bilderbuch weglegen... jedes Mal muss sich das Kind von einer (geliebten) Aktion lösen. Und zwar nicht aus eigenem Antrieb, sondern weil jemand es von ihm verlangt. Das ist nicht leicht.Im Grunde kennen wir das selbst: Wir müssen uns von geliebten Tätigkeiten auch regelrecht losreißen. Doch im Gegensatz zu uns fehlt Kindern das Verständnis, warum das jetzt sein MUSS, daher tun sie sich damit erst recht schwer.

Wie du siehst, setzt das Nicht-Trödeln verschiedene kognitive Fähigkeiten voraus, die unsere Kinder erst nach und nach lernen. Das sollten wir uns als Erwachsene immer in Erinnerung rufen, bevor wir uns über das Getrödel der Kleinen aufregen. Dabei dürfen wir auch stark beeinflussende Entwicklungsschritte nicht vergessen, wie die Autonomiephase oder die Trotzphase..

Trotz deinen Bemühungen, eine bedürfnisorientierte Erziehung zu leben, kannst du natürlich nicht immer alle Bedürfnisse unter einem Hut bringen. Wir leben nun mal in einer Welt voller Termine und Zeitvorgaben.

Wie schaffst du es also, pünktlich zu sein, ohne dich aufzuregen, zu schimpfen und dein Kind zu stressen? Das verrate ich dir in den folgenden 9 Tipps:

Trödeln adé - die 9 besten Trödel-Tipps

Die folgenden Tipps dienen in erster Linie dazu, dich und dein Kind positiv zu unterstützen.

Falls du erwartest, dass dein Kind ab sofort immer auf dich hört und auf die Sekunde pünktlich parat steht, muss ich dich leider enttäuschen. Denn wie schon anfangs erwähnt:

Trödeln ist normal!

Und sogar wichtig. So haben Studien ergeben, dass Trödeln die Kreativität fördert. (siehe Studie Inspired by Distraction und Studie When putting work off pays off)

Beachte bitte auch, dass nicht jeder „Trick“ bei jedem Kind funktioniert. Probier´ einfach aus, was bei deinem Kind klappt und was nicht. Das kann allerdings auch von Zeit zu Zeit variieren, also schau hier gerne öfter mal rein und hol dir neue Inspiration. Denn eine gewaltfreie Kommunikation wünscht sich doch jede Familie, oder? 

So, jetzt aber genug getrödelt. Los geht‘s:

1. Sag "JA" zum Trödeln

Tagesplanung wenn Kinder trödeln

Beginnen wir – wie fast immer – mit der Grundlage: Hab Verständnis für dein Kind und seine Trödelei. Wenn du den Artikel bis hierhin gelesen hast, sollte dir das ja schon etwas leichter fallen.

Mach dir auch klar, dass du dein Kind nicht beschleunigen wirst, wenn du ungeduldig, hektisch, wütend oder genervt bist. Je mehr du drängelst und auch schimpfen musst, desto langsamer wird dein Kind und schlimmstenfalls: Dein Kind hört nicht mehr auf dich.

Also entspann dich. Versuch es zumindest.

Kennst du den Spruch „Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht“? Das lässt sich super auf Kinder übertragen. Je mehr Druck du machst, desto schwieriger wird es.

Natürlich sollst du jetzt nicht stundenlang tatenlos zuschauen, wie dein Kind vor sich hin bummelt. Aber je mehr du das Trödeln als etwas Normales akzeptieren kannst, umso besser kommt ihr im Alltag zurecht.

Plane daher möglichst schon im Voraus genügend Trödelzeit ein. Du kennst dein Kind am besten und weißt, wie lange es gewöhnlich braucht um aufzustehen, sich anzuziehen, zu frühstücken, Zähne zu putzen, das Haus zu verlassen und so weiter.

Versuche ihm die benötigte Zeit zur Verfügung zu stellen, indem ihr z.B. eine halbe Stunde eher aufsteht. Oder lege keine Termine auf den Nachmittag, wenn du weißt, dass ihr euch dann abhetzen müsst. Besonders nach der Kita oder der Schule brauchen Kinder viel Freiraum, um sich vom Trubel und den Anforderungen zu erholen und wieder in Bindung mit dir zu kommen. Auch die Herangehensweise an die Zeit für Hausaufgaben spielt eine wichtige Rolle. 

Merke: 

Je öfter du deinem Kind die Möglichkeit gibst, zu trödeln und vor sich hin zu träumen, desto kooperativer wird es sein, wenn ihr doch mal ein bisschen „Gas geben“ müsst.

2. Unverhofft - bitte nicht so oft

Kündige Termine, To-do’s oder den Wechsel von Aktivitäten möglichst rechtzeitig an, damit sich dein Kind darauf einstellen kann. Denke immer daran, dass der Wechsel von einer Aktion zur nächsten Kindern schwer fällt – je abrupter das geschieht, desto schwieriger ist es.

Um den Übergang zu erleichtern, kannst du die folgenden 3 Tricks ausprobieren:

  1. 1
    Abschiedsritual: Kinder können sich oft leichter trennen, wenn sie dem Spielzeug, der Rutsche, der Kita usw. „Tschüss“ sagen. Mach es einfach vor und verabschiede dich, gern auch in der Form: „Tschüss, Wippe, bis morgen!“
  2. 2
    Das Andenken: Wenn möglich, lass dein Kind etwas aus der aktuellen Situation in die nächste mitnehmen. Der Abschied von zu Hause fällt leichter, wenn die Puppe mitkommen darf in die Kita oder zumindest ins Auto.
  3. 3
    Akustische / optische Signale: Für manche Kinder ist es einfacher, ihre aktuelle Tätigkeit zu beenden, wenn ein akustisches Signal (Wecker, Handyklingeln) ertönt. Das hat meistens eine ganz andere Wirkung als wenn Mama „nervt“. Viele Kinder haben auch Spaß an Sanduhren oder sogenannte "TimeTimer" zum Beispiel beim Zähneputzen. Sie helfen aber auch, um eine Zeitspanne sichtbar zu machen, z.B. wenn es heißt: „Du darfst noch 5 Minuten in der Wanne bleiben.“

Und beachte, dass dein Kind vollkommen anders denkt als du. Sag ihm also nicht: „Wir müssen in 10 Minuten los!“ Damit kann es je nach Alter überhaupt nichts anfangen bzw. denkt sich nur: Okay, ich kann noch 10 Minuten spielen. Und du ärgerst dich dann, dass es 10 Minuten später nicht startklar ist.

Praxisbeispiel:

Wenn ich früher zu meinem Sohn sagte: „Wir müssen um 08:00 Uhr los“, dann hieß das für mich, dass wir um 8 im Auto sitzen und starten. Für meinen Sohn bedeutet es jedoch, dass er um 8 aufhört zu spielen, nochmal auf Toilette geht, sich anzieht usw. Ich muss also zeitlich immer mindestens 15 Minuten extra einkalkulieren.

Stell dich auf dein Kind ein. Das ist meistens einfacher, als wenn du versuchst, es an deine Erwartungen anzupassen.

Bewährt hat sich auch...

... die 5-3-1-Regel:

Das bedeutet, dass du deinem Kind 5 Minuten vorher Bescheid sagst, was als nächstes passiert bzw. zu tun ist, dann nochmal 3 Minuten und schließlich eine Minute vorher. So können Kinder auch nach und nach ein Zeitgefühl entwickeln.

Bei kleineren Kindern funktioniert die Dreier-Regel sehr gut: Noch dreimal Rutschen, dann gehen wir nach Hause.

Wichtig ist in beiden Fällen, dass du dich dann auch an deine eigenen Vorgaben hältst.

Bevor ihr in eine andere Tätigkeit übergeht, kannst du gemeinsam mit deinem Kind eine Progressive Muskelentspannung durchführen. Das kann dich und vor allem dein Kind entspannen. Es führt dazu das vorherige Erlebnis besser abzuschließen und mental zu beenden. So gelingt der Übergang in eine neue Situation locker und leicht!

Probiere es gerne aus, du hast nichts zu verlieren 🙂  

3. Mach´s konkret und sichtbar

Trödelnde Kinder genug Zeit zur Vorbereitung geben

Als Erwachsene setzen wir oft bestimmte Handlungsabläufe voraus, die für ins selbstverständlich sind, für Kinder jedoch nicht.

Sag deinem Kind daher am besten immer ganz konkret, was es tun soll.

Zum Beispiel: „Hey, denk dran, wir müssen gleich los. Räum doch bitte JETZT schon mal die Bausteine ein.“

Vielen Kindern hilft es, wenn ihnen jeder einzelne Schritt genannt wird. Also anstatt: „Zieh dich jetzt bitte an“, lieber: „Mach den Schal um.“ Und wenn das erledigt ist: „Super, jetzt die Jacke.“ Und so weiter. Vor allem Kinder mit Schwellenangst profitieren davon.

Was auch helfen kann: Visualisiere regelmäßig wiederkehrende Abläufe.

Es gibt zum Beispiel tolle Kinderbücher, in denen Schritt für Schritt gezeigt wird, wie sich ein Kind (oder ein Hase, Igel, Teddybär...) morgens zum Kindergarten fertig macht. Oder was abends vor dem Schlafengehen alles zu erledigen ist. Schau dir solche Bücher mit deinem Kind oft an, dann lernt es die Abläufe und du kannst sagen: „Na, weißt du noch, was das Häschen als nächstes macht?“

Anstelle eines Buches kannst du solche Abläufe auch aufzeichnen und als Plakat aufhängen. Oder du machst Fotos von deinem Kind bei jedem einzelnen Schritt und erstellst daraus ein Album. Ältere Kinder haben auch oft Spaß daran, eine richtige Checkliste zu haben, auf der sie die einzelnen Punkte abhaken können.

Und generell ist es für Kinder leichter, wenn die Abläufe jeden Morgen, jeden Abend usw. immer gleich sind. Daher helfen auch z.B. Abendrituale wie das Anhören von Mentalgeschichten. Dabei wird das Zubettgehen entspannter gestaltet. Diese Routinen in den Alltag einzubauen sind wahnsinnig hilfreich. Dein Kind kann dadurch sein Selbstwertgefühl und somit auch seine Resilienz verstärken. 

4. Spiel und Spaß statt Stress und Hektik

Kinder lieben es zu spielen und Spaß zu haben. Das kannst du nutzen, um kleine Trödelmäuse zu beschleunigen:

Macht die Dinge spielerisch, nach dem Motto „Wir spielen jetzt Schuhe anziehen!“ Da muss natürlich auch der Teddybär eine Mütze aufsetzen oder die Puppe den Schal umbinden.

Oft hilft flotte, fröhliche Musik, um die Stimmung zu verbessern und zweitens dein Kind in einen schnelleren „Rhythmus“ zu bringen. Würdest du nicht auch viel lieber morgens zur Arbeit tanzen? Oder ihr singt ein Lied zusammen, dann macht das Aufstehen, Anziehen oder Duschen viel mehr Spaß.

Kinder lieben auch kleine Wettbewerbe, zum Beispiel: „Schaffst du es, die Bausteine einzuräumen, bis das Lied zu Ende ist?“ oder "Ich muss so dringend auf's Klo, ich bin zuerst dort..."

Aber Achtung! Untern Geschwistern solltest du keine Wettbewerbe initiieren. Das schürt den Wettkampf unter den Geschwistern, der sowieso oftmals schon besteht und fördert somit auch Geschwisterstreit

5. Gut vorbereitet ist halb gewonnen

Gut vorbereitet ist halb gewonnen bei trödelnden Kindern

Trödelt dein Kind besonders extrem am Morgen? Dann versuche, so viele To-do’s wie möglich schon vorzubereiten:

Packt abends schon den Ranzen oder den Rucksack für die Kita/Schule und legt die Sachen bereit, die dein Kind am nächsten Tag anziehen möchte.

Bewährt hat sich auch das sogenannte „Kleidermännchen“ – dazu werden die Sachen in der entsprechenden Reihenfolge als „Männchen“ auf den Boden gelegt, also erst Hose und Shirt, darauf Unterhose, Hemd und Socken.

Oder du probierst den „Kleiderparcours“ aus – dazu liegen die Sachen der Reihenfolge nach so, dass dein Kind zum Anziehen den Flur entlang gehen muss, bis es fertig angezogen in der Küche steht.

6. Seite an Seite

Lass dein Kind bei seinen To-do’s nicht alleine! Anstatt ihm aus der Küche zehnmal zuzurufen, dass es jetzt endlich aufstehen und sich anziehen soll – sei bei ihm. Begleite es bei den einzelnen Schritten, reich ihm die Socken, die Unterhose. Geh mit ihm zusammen ins Bad, putzt gemeinsam die Zähne usw.

Versuche dein Kind vor jeder Aufforderung nochmals in Kontakt zu kommen. Das heißt, du suchst liebevoll den Augenkontakt, berührst es, zeigst Interesse an dem, was es gerade macht und holst es dadurch dort ab, wo es gerade steht. Erst wenn du merkst, es besteht ein Draht zwischen euch, erst dann solltest du deine Aufforderung zu deinem Kind sagen. So gelingt es viel leichter, dass dein Kind auf dich hört

Und ja, das erfordert Zeit und Einsatz. Aber letztendlich schont es deine Nerven und wahrscheinlich seid ihr am Ende sogar schneller fertig, als wenn du dein Kind ständig ermahnst und versuchst aus der „Ferne“ anzutreiben.

Und auch hier gilt: Zeige Verständnis für dein Kind. Aussagen wie „Ich weiß, du möchtest gerne noch spielen, mir ist aber wichtig, dass wir pünktlich zum Termin kommen, deshalb möchte ich jetzt los“ wirken viel verständnisvoller als „Jetzt komm endlich!“

Erkläre deinem Kind auch, warum ihr euch beeilen oder zu einer bestimmten Uhrzeit irgendwo sein müsst. Am besten funktionieren Beispiele, die das Kind selbst schon erlebt hat, zum Beispiel: „Weißt du noch, als du neulich so lange auf Laura gewartet hast? Das war nicht schön, oder?“

 Je älter dein Kind ist und tiefer eure Bindung zueinander ist, desto besser versteht es das - selbst in der Wackelzahnpubertät 😉

7. Was wäre wenn...

Lass dein Kind – sofern es die Situation erlaubt – auch mal spüren, was passiert, wenn es ewig herumtrödelt. Solche natürlichen Konsequenzen wirken meistens viel besser als dein ständiges Ermahnen, Strafen und Meckern. Natürliche Konsequenzen kommen aus der Sache selbst heraus und benötigen keine Handlungen von dir als Elternteil. 

Hier ein paar Beispiele:

  • Wer zu spät am Frühstückstisch sitzt, schafft das Ei nicht mehr zu essen. Auf natürliche Weise Grenzen setzen
  • Wenn zu lange am Weg zum Spielplatz getrödelt wird, kann der verabredete Freund schon weg sein. 
  • Wird morgens zu lange getrödelt, gibt’s nur einen schnellen Zopf und keine toll geflochtene Frisur. 

Und lass dein Kind auch mal den Bus verpassen, zu spät zur Kita oder zur Schule kommen, davon geht die Welt nicht unter (es geht hier auf gar keinen Fall um Mom-Shaming). Den meisten Kindern ist das dann unangenehm und sie werden sich in Zukunft mehr beeilen. Wenn andere Kinder pünktlich kommen, erfährt dein Kind ganz natürlich, dass dies durch unsere Gesellschaft geformte Regeln sind. 

8. Erfolgsplan statt Belohnungssystem

Checkliste für trödelnde Kinder

Gerade beim Thema „Trödeln“ nutzen viele Eltern ein Belohnungssystem, um ihr Kind zu beschleunigen. Da gibt es dann Punkte, Sternchen oder Smileys, wenn das Kind irgendwas pünktlich und ohne Drama erledigt hat und am Ende bekommt es eine Belohnung...

Ich rate jedoch davon ab!

  1. 1
    Erstens lernt das Kind dann nur, sich für die Belohnung zu beeilen – sprich: Ohne Belohnung trödelt es wieder. Da entsteht schnell eine Art Teufelskreis. Motiviere dein Kind lieber durch Anerkennung („Hey, mich freut das jetzt sehr. Du hast dich selbst angezogen. Ich freue mich mit dir, dass du das jetzt schon ganz alleine schaffst!"). Kennst du bereits zu diesem Thema meinen Instagram-Post? Klicke hier: Unterschied Lob & Anerkennung...oder du kannst deinem Kind einfach die natürlichen Konsequenzen spüren lassen (siehe Punkt 7).
  2. 2
    Zweitens ist das Trödeln wie gesagt normal und wir Erwachsenen sehnen uns danach, uns mal wieder völlig im Augenblick zu verlieren, den Moment zu genießen oder in einer Tätigkeit total aufzugehen. Wollen wir unseren Kindern also beibringen, dass genau dieses Verhalten falsch ist? Indem wir sie belohnen, wenn sie sich unserem hektischen Leben aus Terminen und Zeitdruck anpassen?

Warum ich Belohnungssysteme grundsätzlich kritisch sehe, kannst du übrigens hier nachlesen:

Belohnungssysteme für Kinder: Pro und Contra (+ Alternativen)

Extra-Tipp: Die Kids-To-do-Liste

Gerne kannst du das Prinzip des Belohnungssystems abwandeln, indem du deinem Kind eine Checkliste (siehe Punkt 3) oder einen „Erfolgsplan“ erstellst, wo es selbst abhaken bzw. Smileys einkleben kann, wenn es etwas erledigt hat.

Wichtig: Du bewertest hier nicht die „Leistung“ deines Kindes und es gibt am Ende auch keine extra Belohnung. Für viele Kinder ist es nämlich schon Belohnung genug, wenn sie die erledigten To-do’s abhaken können.

9. Lass dich ausbremsen

Und zu guter Letzt rate ich dir: Lass dich von deinem Kind auch mal „entschleunigen“!

Ja, ich weiß – du hast tausend Termine und weißt oft nicht, was du zuerst machen sollst. Aber deine Hektik und Ungeduld übertragen sich unbewusst auf dein Kind. Es spürt, wenn du gestresst und genervt bist und wird dann erst recht unsicher und schusselig, verheddert sich in der Strumpfhose oder vergisst den Turnbeutel. Oder es schaltet total auf „Durchzug“, hört nicht auf dich bzw. geht in den Trotz-Widerstand. Da sind die Wutanfälle und aggressives Verhalten deines Kindes vorprogrammiert.

Bist du hingegen ruhig und entspannt, läuft meistens alles viel harmonischer und letztendlich sogar schneller ab.

Frag dich auch mal, wie deine eigene Einstellung zum Thema „Trödeln“ oder „zu spät kommen“ ist. Hast du als Kind deswegen oft Ärger bekommen? Warst du vielleicht selbst eher der Typ „Träumer“ und wurdest deswegen ständig ermahnt oder sogar bestraft? Möchtest du das mit deinem Kind wirklich genauso machen oder lieber einen anderen Weg gehen?

Oft hilft es auch, einfach mal ein bisschen die Prioritäten zu verschieben. Statt „Wir müssen jetzt noch in die Stadt und XY besorgen“, sag dir lieber: „Ich genieße heute den Nachmittag mit meinem Kind!“

Und dann lass dich auf das Tempo deines Kindes ein. Entdecke die Welt durch seine Augen. Bewundert gemeinsam die Gänseblümchen am Wegesrand und die Wolken am Himmel. Ihr könnt ja trotzdem zusammen in die Stadt gehen – vielleicht kannst du nebenbei sogar etwas einkaufen, vielleicht verbringt ihr aber auch nur einen wunderschönen Nachmittag im Park.

Vermeidungsstrategie, Schwellenangst & Co.

Schwellenangst bei Kindern führt zum Trödeln

Natürlich trödeln Kinder manchmal auch, um etwas zu vermeiden.

Wenn sie keine Lust auf Kita oder Schule haben oder nicht ins Bett gehen wollen zum Beispiel. Dann wird unbewusst gebummelt, um das ungeliebte Ereignis möglichst lange hinauszuzögern.

Manche Kinder sind ängstlich oder leiden gar unter der sogenannten Schwellenangst. Sie entwickelt sich oft ab dem 4. Lebensjahr.  Das bedeutet, dass diese Kinder regelrecht Angst vor einer Veränderung bzw. einer neuen Aufgabe / Situation haben, selbst wenn diese positiv ist. Die Kinder trödeln dann, um die „Schwelle“ zur neuen Situation nicht überschreiten zu müssen. Manche werden sogar richtig körperlich krank und bekommen Fieber oder Durchfall.

Die Ursache für Schwellenangst ist oft ein übertriebener Perfektionismus, Elternstreit, Trennung der Eltern oder viele negative Erlebnisse in der Vergangenheit. 

Hier können Eltern ein Elterncoaching in Anspruch nehmen, um wieder mehr Gelassenheit in die Familie zu bringen.

Und nicht zuletzt testen Kinder gerade in der Trotzphase auch mal die Geduld der Eltern. Wenn im Laufe eines hektischen Alltag, die Nähe und der Kontakt zum Kind zu kurz kommt, holt sich dein Kind oftmals die notwendige Aufmerksamkeit über ein negatives Verhalten. Denn jungen Kindern ist es zunächst egal, ob es positive oder negative Aufmerksamkeit bekommt, Hauptsache du bist voll und ganz beim Kind. Und wann bist du so ganz bei deinem Kind? Genau richtig! Wenn du mit ihm schimpfst und herumnörgelst. Also denke daran: 

Gib deinem Kind im Vorfeld bereits ausreichend positive Aufmerksamkeit, Bindung und Nähe. Das fördert die Kooperation und dein Kind muss sich nicht durchs Trödeln eine negative Aufmerksamkeit holen.

Hast du den Eindruck, dass dein Kind aus einem anderen Motiv etwas vermeiden oder herauszögern will? Dann versuche die Gründe dafür herauszufinden. Eventuell will es nicht in die Kita oder Schule, weil es dort Probleme gibt (zum Beispiel: Mobbing oder Cybermobbing). Frag dein Kind oder sprich mit Freunden, den Erziehern bzw. Lehrern.

Auch Erkrankungen bzw. Entwicklungsstörungen wie ADHS oder Autismus können sich hinter der Trödelei deines Kindes verbergen. Lass das am besten von einem Kinderpsychologen abklären. Der erste Schritt den du dafür gehen kannst: Spreche mit eurem Kinderarzt des Vertrauens darüber. Dieser kann dein Kind, wenn nötig, zu anderen ärztlichen/psychologischen Anbindung überweisen.

Trödeln to go - die Zusammenfassung

Fassen wir also die wichtigsten Punkte nochmal zusammen:

  1. 1
    Trödeln ist bei Kindern normal. Erst ab dem Grundschulalter entwickeln sie langsam ein Zeitgefühl.
  2. 2
    Verständnis haben, Kompromisse finden, dein Kind begleiten und unterstützen sowie eine spielerische Herangehensweise sind besser als Druck machen und meckern.
  3. 3
    Versuche öfter mal, dich dem Tempo deines Kindes anzupassen statt umgekehrt – das kommt euch beiden sehr zu Gute.

Ich hoffe, dieser Artikel hat dir gefallen. Schreib mir gerne, wie die genannten Tipps bei euch funktionieren, unter kontakt@starkekids.com. 

FAQ - Die häufigsten Fragen zum Trödeln

1. Ist das normal, dass mein Kind so trödelt?

Ja, Trödeln ist bei Kindern völlig normal. Sie haben noch kein Zeitgefühl und wissen nicht, wie lange z.B. zehn Minuten sind. Auch verstehen sie noch nicht, wieso man zu einer genauen Uhrzeit irgendwo sein muss. Dieses Verständnis entwickelt sich erst im Grundschulalter (vgl. Studie: Das Zeitbewusstsein des Kindes)

Außerdem können sich Kinder total im Hier und Jetzt verlieren – eine Eigenschaft, um die wir sie eigentlich beneiden sollten!

2. Was kann ich tun, wenn mein Kind trödelt?

  1. 1
    Hab Verständnis und versuch dich in dein Kind hineinzuversetzen. Es trödelt nicht, um dich zu ärgern!
  2. 2
    Kündige einen Wechsel der Aktivität rechtzeitig und mehrmals an.
  3. 3
    Gleichmäßige Abläufe oder die Visualisierung von Handlungsschritten helfen deinem Kind.
  4. 4
    Gib deinem Kind konkrete Handlungsanweisungen („Räum jetzt bitte dein Spielzeug ein.“) und nenne ihm einzelne Schritte („Mach den Schal um. Gut, jetzt zieh die Schuhe an.“ Usw.)
  5. 5
    Gib deinem Kind keine Anweisungen aus der Ferne, sondern sei bei ihm, unterstütze und begleite es.
  6. 6
    Nutze den Spieltrieb deines Kindes, indem ihr z.B. einen kleinen Wettbewerb macht, ein Lied dazu singt oder euch von allen Sachen verabschiedet.
  7. 7
    Bedanke dich bei deinem Kind, wenn alles gut klappt, aber verzichte auf Belohnungen. Zeige Anerkennung.

3. Mein Kind trödelt morgens besonders extrem

Probiere es mit einem Morgenritual, damit dein Kind leichter aus dem Bett kommt – einem fröhlichen Lied zum Beispiel und eine extra Kuscheleinheit um die Bindung zwischen euch zu aktivieren. Legt die Sachen zum Anziehen schon abends bereit (z.B. als Kleidermännchen oder Kleiderparcours, siehe Tipp 5) und packt auch den Rucksack oder den Ranzen schon am Vorabend.

Die Visualisierung von Handlungsabläufen (z.B. als Bilderbuch, Checkliste, Tagesablauf, etc.) hilft deinem Kind zu wissen, was es als nächstes tun muss.

Und ganz wichtig: Plane Trödelzeit ein, steht ggf. lieber etwas eher auf. Machst du deinem Kind schon morgens Stress, fühlt es sich erst recht überfordert und wird dann mitunter noch langsamer.

 

4. Mein Kind braucht ewig für die Hausaufgaben

Besonders beim Thema Hausaufgaben trödeln viele Kinder extrem rum. Im Vorfeld ist es meistens eine Verzögerungstaktik, um die ungeliebte Aufgabe noch etwas vor sich her zu schieben. Während der Erledigung der Hausaufgaben kann es sowohl Unlust als auch Überforderung sein.

Erstelle mit deinem Kind einen Wochenplan, in dem ihr festlegt, von wann bis wann es Zeit hat für die Hausaufgaben. So kann sich dein Kind schon vorher darauf einstellen. Und was es in dieser Zeit nicht schafft, bleibt eben unerledigt. So bekommt auch der Lehrer / die Lehrerin einen Eindruck, was dein Kind schafft und was nicht.

Einen ausführlichen Artikel zum Thema Hausaufgaben findest du hier:

Hausaufgaben machen ohne Drama: 11 goldene Tipps

5. Mein Kind ist total verträumt und vergisst alles

Manche Kinder sind richtige Träumer und treiben ihre Eltern damit in den Wahnsinn. Doch überleg mal, ob du als Kind vielleicht genauso warst (oder der andere Elternteil). Verträumt zu sein ist nämlich oft eine Charaktereigenschaft, die sich vererbt.

Versuche dich also nicht über dein Träumerchen aufzuregen, sondern akzeptiere diese Eigenart deines Kindes. Hilf ihm, sich an Dinge zu erinnern, indem du zum Beispiel bestimmte Abläufe visualisierst oder aus wiederkehrenden To-do’s kleine Rituale machst.

 

6. Mein Kind trödelt absichtlich, was kann ich tun?

Du hast das Gefühl, dass dein Kind bewusst trödelt? Dann versuche herauszufinden, was es damit erreichen bzw. vermeiden will. Oft stecken Ängste dahinter (z.B. Angst vor einer neuen Situation) oder es will nicht in die Kita / Schule, weil es dort irgendwelche Probleme gibt. Geh der Sache auf den Grund.

Mitunter kann absichtliches Trödeln auch der Wunsch nach mehr Aufmerksamkeit sein. Ist euer Alltag generell sehr hektisch und voller Termine? Hast du wenig Zeit für dein Kind? Dann wäre es vielleicht ratsam, selbst ein bisschen zu „entschleunigen“.

 

7. Helfen Bachblüten gegen das Trödeln?

Auch wenn die Wirkung von Blachblüten umstritten ist, kannst du es gerne ausprobieren. Wichtig ist, dass du für dein Kind Mischungen wählst, die nicht auf Alkoholbasis hergestellt sind.

Folgende Bachblüten können bei trödelnden Kindern bzw. ungeduldigen Eltern eine positive Wirkung haben:

  • Hornbeam: speziell für Kinder, die trödeln, für Morgenmuffel 
  • Clematis: für Kinder, die sehr verträumt sind
  • Wild Rose: für Kinder, die still und unmotiviert wirken und keine Lust haben, etwas Neues auszuprobieren
  • Rock Water: für Kinder, die sich selbst zu sehr unter Druck setzen und dadurch „selbst im Weg stehen“
  • Agrimony: für Kinder, die viel herumkaspern und sich leicht ablenken lassen
  • Scleranthus: für Kinder, die sich schlecht konzentrieren können
  • Beech: für Eltern, um mehr Verständnis und Empathie zu entwickeln
  • Holly: für Eltern, um sich nicht mehr so schnell aufzuregen
  • Impatiens: für Eltern, die geduldiger werden möchten

Quelle: Bachblüten